Polen

Polens junge Wilde

Sie sind jung. Sie haben Mut. Sie erregen Aufsehen. Polnische Nachwuchsregisseure wie Katarzyna Roslaniec, Paweł Borowski und Xawery Zulawski bringen ungewöhnliche Bilder auf die Leinwand. 2009 haben sie mit ihren Werken gut 40 Millionen Polen in die heimischen Kinosäle gelockt – so viele wie schon Jahrzehnte nicht.

Bis zum 21. April 2010 waren in Berlin und Potsdam beim „filmPolska“, dem größten außerhalb Polens stattfindenden Kinofest, etwa 100 Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme zusehen, darunter auch eine Retrospektive zum 30. Gründungsjubiläum der Solidarnosc-Bewegung mit Werken von Andrzej Wajda, Krzysztof Kieslowski oder Kazimierz Kutz.

Den Schwerpunkt bildete jedoch die Nachwuchspräsentation: So kam beispielsweise Katarzyna Rosłaniecs Erstling „Galerianki“ auf die Leinwand, der 2009 beim Cottbuser Filmfestival als bestes Debüt ausgezeichnet worden ist.

Katarzyna Rosłaniec: „Galerianki“

Schonungslos erzählt Roslaniec die Geschichte der „Shopping girls“ Milena, Kaja und Julia, die das Einkaufen zur Ersatzbefriedigung erkoren haben. Doch woher mit 14 Jahren das Geld nehmen für trendige Handys, Jeans oder Stiefel? In knappen Miniröckchen ist ein „Sponsor“ schnell gefunden. Eine fiktive Geschichte, die ein Stück polnischer Wirklichkeit abbildet.

Borys Lankosz: „Die Kehrseite“

Borys Lankoszs humorvoller Schwarzweiß-Film „Die Kehrseite“ („Rewers“) ist ein Stück über den Stalinismus in Polen der 1950er Jahre. Es erzählt – angelehnt an den Stil des klassischen film noir – von der biederen Verlagsmitarbeiterin Sabine, die Liebe sucht und an den falschen Mann gerät.

Dorota Maslowska spielt in der Verfilmung ihres Romans „Wojna Polsko-Ruska“ selbst mit. (Foto: W. Krzywkowski)

Xawery Zulawski: „Wojna Polsko-Ruska“

Viel verstörender, schriller und lauter geht es in Xawery Zulawskis „Wojna Polsko-Ruska“ zu. Andrzej hat von der Freundin den Laufpass bekommen. Fortan drischt er verbal und physisch auf alles ein, das sich ihm in den Weg stellt. Basierend auf Dorota Maslowskas Bestseller „Schneeweiß und Russenrot“ hat Zulawski die vulgäre Alltagssprache polnischer Jugendlicher auf Zelluloid gebannt.

Die neue Genreration polnischer Filmemacher

Die Voraussetzungen für eine neue Blüte des polnischen Kinos haben lange gefehlt: Seit Mitte der 1980er Jahre bevorzugten junge Zuschauer actionreiche Hollywoodproduktionen, Menschen mittleren Alters und Rentner gingen nicht mehr ins Kino. Nach der politischen Wende machten sich ausländische Vertriebsgiganten breit und der Präsident des Verbandes Polnischer Filmschaffender, Jacek Bromski, sprach 2003 „vom Zusammenbruch der Produktion“. Hinzu kam das Sterben der Lichtspielhäuser: Gab es 1991 noch 935 Kinos in Polen, waren es 18 Jahre später nur knapp 500.

2009 markiert eine Zäsur, es entfachte eine regelrechte Aufbruchsstimmung: Packende Geschichten in unterschiedlichsten Aufmachungen begeisterten das Publikum. Von den Feuilletons gefeiert, hat es die neue Generation polnischer Filmemacher im vergangenen Jahr geschafft, die Last des schweren Erbes von Ausnahmetalenten wie Kieslowski und Wajda abzuwerfen und sich frei zu entfalten. „Zudem hat vor fünf Jahren das polnische Filminstitut eine neue Finanzierungsstruktur geschaffen“, erklärt Kornel Miglus, Leiter von „filmPoska“ und Filmexperte des Polnischen Institutes in Berlin. „Und das ist das positive Ergebnis.“

Info
Festival „filmPolska“: www.filmpolska.de


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