Gasprom feilt an seinem Image
(n-ost) – Pünktlich zur Heizsaison schickt der russische Premierminister Wladimir Putin mal wieder Warnmeldungen nach Europa: „Wenn die Ukrainer ihre Rechnungen nicht bezahlen, werden wir ihnen den Gashahn wieder abdrehen.“ Mit „wir“ meint Putin den staatlich kontrollierten Energieriesen Gasprom, dessen Manager den traditionellen Lieferkonflikt mit der Ukraine gern als rein wirtschaftliches Problem abtun und selbst lösen möchten.
Entsprechend kritisch betrachten manche Manager in der Gasprom-Zentrale im Süden von Moskau, wie sich der Staat in Gestalt des mächtigen Premierministers mal wieder zum Sprachrohr des Energieriesen aufschwingt. Und mit Sorge blicken die Top-Leute bei Gasprom zum Jahreswechsel in Richtung Ukraine. Der letzte Gasstreit, sagt Konzernsprecher Sergej Kuprijanow, habe Gasprom rund zwei Milliarden Dollar allein an Lieferausfällen gekostet. „Wir wollen um Gottes willen nicht, dass sich das wiederholt.“
Sehr viel schwerer als jeder Verlust wiegt aber der Imageschaden, den Gasprom in Europa davongetragen hat. Seither treibt die EU ihre teure Pipeline „Nabucco“ mit aller Macht voran, durch die unter Umgehung Russlands zentralasiatisches Gas gen Westen gepumpt werden soll. EU-Länder setzen auf Atomkraft, um weniger Gas für die Stromwirtschaft importieren zu müssen. Und sie schauen sich nach Alternativen um – Flüssiggas aus Katar ist zum Beispiel eine Option. Die Zeiten, da sich europäische Versorger um langfristige Verträge mit den Russen bemühten, sind jedenfalls vorbei.
Kontrollzentrum bei Gasprom in Nowy Urengoj: Das Gasfeld ist zu zwei Drittel leer. Foto: Florian Willershausen
Umso wichtiger wird es, dass Gasprom im Westen ein positives Image bekommt. Das weiß man vor allem in der Markgrafenstraße in Berlin-Mitte, wo die Europa-Zentrale von Gasprom untergebracht ist. Hunderte Millionen Euro hat der deutsche Chef von Gasprom, Hans-Joachim Gornig, in den vergangenen Jahren in Sponsoring und Werbung gepumpt – und er glaubt, damit auf dem richtigen Weg zu sein: „Wir werden stärker wahrgenommen, auch positiver“, sagte Gornig jüngst in einem Interview mit der WirtschaftsWoche.
Zugpferd beim Sponsoring ist der Bundesligaverein Schalke 04. Seit knapp drei Jahren finanziert der russische Gaskonzern den Revierclub. Vorige Woche wurde der angeblich auf bis zu 125 Millionen Euro dotierte Vertrag um weitere fünf Jahre bis 2017 verlängert. „Auf Schalke“ ist der russische Konzern auf Plakaten, Trikots und über Bannerwerbung omnipräsent – und dabei „zu einem ganz normalen Unternehmen geworden“, wie Gasprom-Marketingchef Burkhard Wölki verspricht.
Neben Schalke sponsert Gasprom auch den Europapark Rust, Kulturveranstaltungen in ganz Deutschland, Ausstellungen zum Thema Russland und Veranstaltungen des deutsch-russischen Austauschs. Der breite Werbeauftritt soll den Weg zum europäische Endkundengeschäft erleichtern. Dort locken höhere Margen als beim reinen Gasexport, doch große Zukäufe scheiterten bislang immer wieder am politischen Widerstand.
Solange Gasprom in politisch aufgeladene Konflikte wie den mit der Ukraine hinein gerät, wird sich daran nicht viel ändern. Immerhin scheint sich der Konflikt in diesem Jahr etwas gelegt zu haben: Bislang hat der ukrainische Versorger Naftogas die monatlichen Gasrechnungen zwar immer spät, aber rechtzeitig bezahlt. Gasprom kommt der Ukraine entgegen, indem es auf Strafzahlungen für vertraglich bestelltes, aber nicht abgerufenes Gas verzichtet.
Doch die Ukraine steckt in einer schweren Wirtschaftskrise. Weil Premierministerin Julia Timoschenko und Präsident Viktor Juschtschenko trotz knapper Kassen eifrig Wahlkampfgeschenke an die Wähler verteilen, hat der Internationale Währungsfonds (IWF) die Auszahlung der Hilfskredite bis auf Weiteres ausgesetzt. Das Damoklesschwert eines Lieferkonflikts schwebt also weiter über der Ukraine, Europa und Russland. Ließen Putin oder die klammen Ukrainer den Dauerkonflikt noch einmal eskalieren, hätte das für Gasprom eine PR-Katastrophe zur Folge, deren Schäden sich kaum mehr beseitigen ließen.
Florian Willershausen, Moskau
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