Russland

Hoffnungsträger für Europa

Von Medwedew erhofft sich Europa eine Verbesserung der Beziehungen zu Russland(n-ost) - Russlands Beziehungen zum Westen sind in Putins zweiter Amtszeit so frostig geworden wie seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr. Europas Anerkennung des Kosovo trägt ebenso dazu bei wie Putins aggressive Rhetorik bei Auftritten vor internationalem Publikum. Doch die Europäer sind optimistisch, dass es unter Putins voraussichtlichem Nachfolger Medwedew zu einer Entspannung kommen wird. Eine paar Tage vor den Wahlen des russischen Präsidenten hat Wladimir Putins Kronprinz Dmitri Medwedew seine ersten diplomatischen Sprünge gemacht: Er reiste - offiziell in Funktion des ersten Vizepremiers - nach Belgrad, wo er Unterstützung für Serbien nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo demonstrierte. Ausgerechnet Belgrad! Die Anerkennung des Kosovo markiert den Tiefpunkt der russisch-europäischen Beziehungen und eine außenpolitische Niederlage für Russland, das die Abspaltung des Kosovo von Serbien stets abgelehnt hatte. Medwedews Besuch auf dem Balkan deutet an, dass die von Putin gesetzten Säulen russischer Außenpolitik bestehen bleiben: Neben der klaren Haltung Moskaus in der Kosovo-Frage zählt dazu vor allem ein selbstbewusstes Selbstverständnis auf dem internationalen Parkett - besonders gegenüber den USA. Putins Rede vor der Münchner Sicherheitskonferenz im Jahr 2007 war eine schäumend vorgetragene Absage an den Hegemonialanspruch der USA. Seither hat Russland der Welt mit Raketentests, dem Ausstieg aus dem KSE-Vertrag und der Montage einer russischen Titan-Flagge auf dem Grund des Nordpols immer wieder seine neu gewonnene Stärke demonstrieren wollen. Trotzdem setzt Europa alle Hoffnung auf Medwedew, den niemals aufbrausend wirkenden Bürokraten mit dem Milchbubengesicht, dessen liberales Image ihm im Westen vorauseilt. Kaum jemand kann sich vorstellen, wie der zierliche Mann, der nach den Wahlen wohl die Schlüssel für das zweitgrößte Atomwaffenarsenal in die Hand bekommt, ein neues Wettrüsten in Gang setzt. Marc Franco, Leiter der EU-Delegation in Moskau, erwartet "einen weniger aggressiven Ton gegenüber Brüssel". Die neue Stärke Russlands, getragen von den sprudelnden Milliarden des Öl- und Gasexports, hat Franco erkannt: "Russia is back on the map", sagt der Diplomat: Russland ist zurück auf der Landkarte. Der EU-Politiker kann sich vorstellen, dass das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen erneuert wird, wobei die Bezeichnung "strategische Partnerschaft" endlich eine Bedeutung bekommen müsse. Doch nicht überall wird Russland als Partner empfunden. Mitten im Endspurt von Medwedews Wahlkampf meldete die "Wirtschaftwoche", dass die Gasprom-Tochter Sibur gern die Chemiesparte des Evonik-Konzerns kaufen möchte. Zitiert wurde ein Mitarbeiter des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums, dem zufolge das Kanzleramt "die Russen nicht ins Ruhrgebiet lassen" wolle. Deutschland macht wieder mal die Schotten dicht. So reagieren viele europäische Politiker. Die Schutzreflexe, die in Europa gegenüber Russland wirken und Partnerschaftsversuche diskreditieren, könnten bald neuen Sprengstoff in die europäischen Beziehungen bringen. ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 30 83 11 87


Weitere Artikel