Putin-Liebesromanze zum Valentinstag
Kurz vor den Wahlen zeigt ein russischer Film den Präsidenten von seiner romantischen Seite Ein Liebespaar schlendert eng umschlungen am Newa-Fluss entlang. Es ist Nacht im kalten Leningrad. Die Klappbrücken öffnen sich, um die großen Schiffe passieren zu lassen. "Wie schön", seufzt die blonde Geliebte. Die Musik plätschert sanft vor sich hin. Die Kamera erhascht das Gesicht des jungen Mannes: Er sieht dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Verwechseln ähnlich. Er küsst sie zärtlich - kein Zweifel: Es ist die erste große Liebe, die bald darauf auf eine harte Probe gestellt wird. Wenige Wochen, bevor Wladimir Putins Amtszeit als Präsident offiziell endet, zeigt der Film "Ein Kuss unter Ausschluss der Presse" den noch-Kremlchef aus einem neuen Perspektive: Putin, den sanften Helden, der seine eigenen Interessen und die seiner Familie immer hinter denen des Landes zurückgestellt hat.
Die Schauspieler Andrej Panin und Darja Michailowa sehen Putin und seiner Frau Ludmila zum Verwechseln ähnlich.
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Das Liebesdrama erscheint wie ein romantischer Lobgesang auf den Menschen, den Familienvater und fürsorglichen Ehemann Wladimir Putin. Der Schauspieler, Andrej Panin, porträtiert den KGB-Mann im Kreml gekonnt: sein aufrechter Gang, der konzentrierte Gesichtsausdruck, die hochgezogenen Augenbrauen. Auch die weibliche Hauptdarstellerin, Darja Michailowa, ist der russischen First Lady, Ludmila Putina, wie aus dem Gesicht geschnitten - in den jüngeren Jahren zumindest. Selbst das Drehbuch hält sich strikt an die Biografie des späteren Präsidenten-Ehepaares: Beide sprechen fließend Deutsch. Er ist Geheimagent, der kaum ein Wort über seine Arbeit verliert. Sie ist Stewardess und wird durch einen Autounfall schwer verletzt. Für einige Jahre lebt das frisch verheiratete Paar in Dresden, wo die beiden Töchter geboren werden. Später wird der KGB-Mann nach Moskau abberufen. "Ist das die Präsidentensuite?", fragt die Gattin als sie in das Hotel gegenüber dem Kreml einchecken. Alles Zufall oder was? Der Produzent Anatolij Woropajew behauptet das strikt. Auch seine Filmcrew will nichts von der Ähnlichkeit zwischen dem Film- und dem Noch-Präsidenten Putin wissen. "Ich denke nicht, dass ich Putin porträtiere", winkt der Schauspieler auf der Pressekonferenz in Moskau ab. Der Film handle lediglich vom Leben irgendeines Politikers in Russland. Die einzige Ähnlichkeit sei, dass der Held fließend Deutsch spreche, erklärt Panin. Er trägt dasselbe silberne Kreuz an einer Kette um den Hals wie der Präsident - ein Talisman, um den in Russland viele mysteriöse Geschichten gesponnen werden. Angeblich soll Putin das Kruzifix aus der Asche seiner abgebrannten Datscha in St. Petersburg geborgen haben. Und welch Wunder: Auch im Film fängt das Holzhäuschen Feuer und der Vater muss seine Töchter aus dem brennenden Wochenenddomizil retten.
Familienvater und fürsorglicher Ehemann: der Film-Präsident mit seiner Angetrauten.
VerleihDer einstige Vizegouverneur in den Regionen Tula und Stravopol und jetzige Produzent und Drehbuchschreiber Woropajew nutzte die erste Vorführung in einem Hotelsaal gegenüber vom Kreml, um Gerüchte aus dem Weg zu räumen. Dabei betont er immer wieder, dass die Parallelen zu Putin nicht das Hauptmotiv des Films seien. Außerdem sei nicht der Präsident, sondern die Gattin die eigentliche Heldin des Films - eine liebenswerte russische Frau, die ihrem Ehemann beistehe und den selbstsicheren Judokämpfer auch von seiner unsicheren Seite kenne. Woropajew bezeichnet es als "Zufall", dass die Politromanze zwei Wochen vor den Präsidentschaftswahlen in den DVD-Shops erscheine - es sei doch Valentinstag, merkt er an. Und weder Putin noch dessen Frau noch irgendeine andere politische Partei hätten dabei die Finger mit im Spiel, beteuerte er. Dass der Film schon vor seiner Veröffentlichung in Moskau für Aufregung sorgt, hat Gründe: Der Kreml trat in den vergangenen Jahren immer wieder als Sponsor für heroische und patriotische Spielfilme auf. Besonders Streifen über geheime Spezialagenten sind in Russland derzeit im Trend. Woropajew erklärt hingegen, das Budget käme hauptsächlich von "privaten Investoren" und liege "unter fünf Millionen Dollar". Allerdings werde er den endgültigen Finanzplan erst im April offen legen. Um den Film auch in Berlin und Dresden zeigen zu können, müsse noch etwas Geld investiert werden, erklärt er. Womöglich deutet das filmische Heldenepos darauf hin, dass Putin auch nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt noch eine große Rolle in der Politik spielen wird. Laut Verfassung darf er zwar keine dritte Amtszeit antreten, hat aber angekündigt, unter seinem favorisierten Nachfolger Dmitrij Medwedew, der aller Voraussicht nach die Wahlen am 2. März gewinnen wird, Ministerpräsident werden zu wollen. Ob der Kremlchef den Film schon gesehen hat, weiß der Produzent nicht. Doch er plant, ihn und andere Politiker zur Premiere einzuladen. Rechtzeitig zum Valentinstag am 14. Februar wird die Romanze auf DVD landesweit erhältlich sein: für umgerechnet rund vier Euro.
Eine preiswerte Methode, den Putin-Kult in Russland noch einmal anzufachen? "Keiner hat den Film bislang gesehen und dennoch reden alle vom Personenkult", beschwert sich Woropajew. Kein Wunder - ließ doch der Meister des sowjetischen Personenkults, Josif Stalin, unzählige Filme über seine Heldentaten produzieren. Der Diktator hat sogar die Schauspieler, die seine Rolle übernahmen, selbst ausgesucht. Und die Botschaft des Putin-Liebesfilms ist nicht weit entfernt von der Werbezeile einer kürzlich vom russischen Auslandsenders "Russia Today" gestarteten Anzeige. Das Poster zeigt ein Stalin-Portrait mit der Unterzeile "Stalin schrieb romantische Gedichte. Haben Sie das gewusst?" ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 30 83 11 87