Russland

Volkswagen eröffnet erstes Werk in Russland

Produktionsstart in Kaluga - VW-Konzern will Absatz in Russland verfünffachenDer Volkswagen-Konzern hat in dieser Woche sein erstes Werk in Russland in Betrieb genommen. Im unweit von Moskau gelegenen Kaluga werden von nun an Fahrzeuge für den boomenden russischen Automarkt gebaut. Binnen fünf Jahren will der VW-Konzern seinen Absatz in Russland mehr als verfünffachen - und statt bisher 30.000 mehr als 150.000 Fahrzeuge pro Jahr absetzen. Konzernchef Martin Winterkorn sagte zur Eröffnung, der russische Automarkt spiele in der Wachstumsstrategie des Unternehmens eine Schlüsselrolle. Früher war es ein roter Push-Button, auf den Firmenchef, Politiker und andere wichtige Menschen schlagen mussten, um eine neue Produktionsanlage in Betrieb zu nehmen. Im russischen Kaluga geht es moderner zu: VW-Chef Martin Winterkorn und Vertreter Russlands legten einfach ihre Zeigefinger auf einen Scanner, um die neue Fabrik in Gang zu setzen. Das war freilich in erster Linie Show. Und manchen Teilnehmern eines anschließenden Rundgangs durch die Produktion schien es, als schraubten auch die Arbeiter eher symbolisch an den Fahrzeugen. Doch auch wenn die Montage im neuen Werk Kaluga erst nach einigen Wochen eingespielt sein wird - für Volkswagen ist die Eröffnung des ersten Werks in Russland ein wichtiger Meilenstein. Der russische Automarkt boomt. Während in Deutschland etwa 550 Autos auf 1.000 Einwohner kommen, sind es in Russland nur rund 170. Dabei verbessert sich das Durchschnittseinkommen der russischen Bevölkerung stetig, getragen von einem Wirtschaftswachstum von sechs bis acht Prozent, was dem Land schon seit mehreren Jahren einen stetigen Aufschwung beschert. Immer mehr Russen können sich ein neues Auto leisten. Vor allem darum zieht es Volkswagen jetzt verstärkt nach Russland. Mit Hilfe einer eigenen Produktion, glaubt man in Wolfsburg, könnte der Pkw-Absatz von heute 30.000 binnen fünf Jahren auf über 150.000 Stück gesteigert werden."Russland ist für VW einer der großen Zukunftsmärkte", sagte Vorstandschef Martin Winterkorn. In der Wachstumsstrategie des Konzerns spiele das Land eine besondere Rolle. Gleichzeitig versprach er, dass Volkswagen auch der Region "viel bringen" werde - vor allem Arbeitsplätze. In der Tat sind rund um das neue Werk eine Menge neuer Jobs entstanden. Wenn die Fabrik im Jahr 2009 voll ausgebaut ist, sollen allein bei VW 3.500 Menschen arbeiten. Hinzu kommen mehrere tausend Arbeitsplätze, die die nachziehende Zuliefererindustrie mitbringen wird. Außerdem ist Volkswagen bald nicht mehr allein in Kaluga. Nachdem klar war, dass die Wolfsburger an diesem Standort aktiv werden, haben mit Volvo und Renault zwei weitere große Fahrzeugbauer mit dem Bau großer Produktionsstätten in der 350.000-Einwohner-Stadt begonnen. Inzwischen bezeichnet manch ein Ortsansässiger die Provinzstadt schon als "russisches Detroit".Sergej Naryschkin, stellvertretender Ministerpräsident der Russischen Föderation, freute sich über "deutsche Qualität zum Anfassen" in Kaluga. Vielleicht werde man eines Tages auch von "deutsch-russischer oder russisch-deutscher Qualität" sprechen können, sagte der Politiker, der sich von Volkswagen viele Aufträge für russische Unternehmen verspricht. Rund ein Drittel der Zuliefererteile sollen aus heimischen Unternehmen kommen, die übrigen werden per Bahn in das 160 Kilometer südwestlich von Moskau gelegene Kaluga geliefert. In der ersten Ausbauphase werden im neuen Werk Fahrzeuge lediglich endmontiert, zunächst der Skoda Octavia und der VW Passat. Später sollen weitere Modelle hinzukommen, darunter die VW-Modelle Jetta und Polo, sowie der Skoda Fabia. Wenn im Jahr 2009 auch Presswerk, Karosseriebau und Lackiererei in Betrieb sind, wird in Kaluga ein neues Modell von den Bändern laufen, das den Bedürfnissen des russischen Marktes entsprechen soll. Wie bekannt wurde, werde man es in der Polo-Klasse "einpreisen" - und damit vor allem den klassischen Modellen der russischen Automarke Lada Konkurrenz machen. Der VW-Konzern will in fünf Jahren vor allem mit Autos Umsatz machen, die zwischen 7.000 und 18.000 Euro kosten. Die Wolfsburger haben also den Massenmarkt im Visier, in dem das Unternehmen bislang wenig auszurichten hatte. Volkswagen ist schon seit 1993 mit einer Vertriebsrepräsentanz in Moskau aktiv. Doch der Fahrzeugabsatz hat die Grenze von 30.000 Autos pro Jahr nicht überspringen können. Das liegt vor allem daran, dass Russland die Importautos mit hohen Zollgebühren und Steuern belegt. Dadurch steigen die Listenpreise und die Autos sind auf dem russischen Markt kaum wettbewerbsfähig. Bis heute verdient Volkswagen in Russland eher mit höherklassigen Modellen wie dem Toureg oder der Marke Bentley. Mit dem neuen VW-Werk in Kaluga kann Volkswagen auch Klein- und Mittelklassewagen wettbewerbsfähig anbieten. Allerdings haben die Autobauer den Markt zwischen Smolensk und Wladiwostok erst spät für sich entdeckt. Wettbewerber wie Renault, General Motors, Hyundai und BMW sind längst mit eigenen Produktionsstätten in Russland vertreten und umgehen so die hohen Zollgebühren. Umso mehr Gas gegeben hat der Autokonzern beim Bau der neuen Fabrik: 13 Monate nach der Grundsteinlegung im Oktober 2006 wurde das Werk bereits eröffnet - allerdings nur symbolisch, denn bis die Bänder richtig auf Touren laufen, werden noch ein paar Monate ins Land gehen. ENDE


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