Serbien

Mladic-Gerüchte gezielt gestreut

Die Verwirrung um die möglicherweise bevorstehende Verhaftung des ehemaligen Generals der bosnisch-serbischen Armee, Ratko Mladic, geht weiter. Am Mittwoch hatte die bosnisch-herzegowinische Nachrichtenagentur Fena gar die Meldung verbreitet, Mladic sei „im Rahmen eines Kompromisses“ in Rumänien von britischen Sondereinheiten festgenommen worden, die sich zu einem rumänisch-britischen Manöver in der Region aufgehalten hätten.

Es war die bosnisch-serbische TV-Station BN aus Bijeljiena, die am Dienstag als erste von der Festnahme Mladics und dessen Überstellung nach Den Haag berichtet hatte. Derselbe Fernsehsender versetzte die Welt schon einmal mit einer Falschmeldung in Aufregung, als er im Sommer 2003 den Tod des ehemaligen bosnisch-herzegowinischen Präsidenten Alija Izetbegovic bekannt gab. Tatsächlich starb Izetbegovic aber erst drei Monate später.

Der mediale Lärm rund um die gemeldete Festnahme von Ratko Mladic ist in den Augen vieler Beobachter kein Zufall. Belgrad und Banja Luka wollten damit die Reaktionen der Bevölkerung auf eine mögliche Festnahme Mladics ausloten, gegenüber der internationalen Gemeinschaft Handlungsbereitschaft vortäuschen oder den Druck auf Mladic und sein Umfeld erhöhen.

Das offizielle Serbien wiederholt aber gebetsmühlenartig, man wisse nicht, wo Mladic sei und verhandle auch nicht mit ihm. Die serbische Regierung, so der politische Kommentator Pero Simic, verhandle wahrscheinlich tatsächlich nicht mit Mladic, „sondern mit einigen Gaunern des Armee-Geheimdienstes, die schon seit Jahren Mladic unterstützen und genau wissen, wo er sich versteckt“.

Die Tageszeitungen in Bosnien und Herzegowina berichteten gestern (23. Februar) übereinstimmend, dass sich Mladic niemals freiwillig dem Haager Tribunal stellen werde, vorher werde er sich selbst umbringen. Carla Del Ponte, Chefanklägerin am Haager Kriegsverbrechertribunal, braucht Mladic aber lebend.

Gleichzeitig verdichten sich die Anzeichen, dass der serbische Premierminister Vojislav Kostunica unbedingt verhindern will, dass Mladic auf serbischem Territorium gefasst wird. Denn immer wieder hatte Kostunica in der Vergangenheit versichert, der des Völkermordes angeklagte mutmaßliche Kriegsverbrecher sei nicht in Serbien. Die im bosnisch-serbischen Banja Luka erscheinende Tageszeitung „Nezavisne Novine“ meldete gestern (23. Februar), Kostunica wolle erreichen, dass Mladic in der serbischen Teilrepublik von Bosnien und Herzegowina verhaftet werde.

In der Zwischenzeit äußerten sich auch Opferverbände zu den Falschmeldungen rund um Ratko Mladic. Die Vereinigung der „Mütter der Enklaven Srebrenica und Zepa“ zeigte sich bitter enttäuscht. Dies alles „fügt den Opfern von Gewalt und Genozid noch mehr Schmerz zu“.


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