Kasachstan

Präsidentschaftswahlen unter verschärfter Beobachtung

Die Erwartungen an die Präsidentschaftswahlen in Kasachstan am kommenden Sonntag (4. Dezember) sind groß. Während europäische Medien über die Möglichkeit einer „bunten“ Revolution in der Ex-Sowjetrepublik spekulieren, hofft man in Kasachstan, dass die Wahlen den Fairness-Standards der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) standhalten.

Kasachstan möchte im Jahr 2009 den Vorsitz der OSZE übernehmen. Es wäre damit die erste der Ex-Sowjetrepubliken in diesem Amt. Voraussetzung ist, dass die OSZE-Wahlkommission, die mit rund 400 Beobachtern im Land präsent ist, ein positives Wahl-Resümee zieht. Die Entscheidung über den OSZE-Vorsitz wird im nächsten Jahr getroffen.

Die Europäische Union hatte die kasachische Regierung bereits mehrfach ermahnt, alle Kandidaten und Medien frei operieren zu lassen. Nur so wäre zu erkennen, dass Kasachstan mit den Grundsätzen der OSZE übereinstimme.

Der kasachische Außenminister Kasimschomart Tokajew erklärte, die Präsidentschaftswahlen würden „in Hinsicht Freiheit, Fairness und Transparenz die besten Wahlen in der Geschichte Kasachstans“ werden. Bisher hatte die OSZE bei allen Wahlen unter internationaler Beobachtung ernsthafte Mängel festgestellt und eine Reform der Wahlgesetze gefordert.

In diesem Jahr weist die OSZE schon vorab auf Verletzungen der Presse- und Meinungsfreiheit hin. So seien im Wahlkampf Auflagen regimekritischer Zeitungen und Wahlmaterialien von Präsidentschaftskandidaten konfisziert worden, außerdem sei es zu vorübergehenden Festnahmen und gewaltsamen Übergriffen auf Oppositionsanhänger gekommen

Den Tod des Oppositionspolitikers Samanbek Nurkadilow im November beurteilte die offizielle Untersuchungskommission als Selbstmord. Die Opposition hingegen spricht von einem politischen Mord, der durch die Angst der Regierung vor Enthüllungen zum Korruptionsverdacht gegen den Präsidenten ausgelöst worden sei.

Der amtierende Präsident Nursultan Nasarbajew gilt als aussichtsreichster Kandidat bei den anstehenden Wahlen. Von seinen vier Gegnern werden Scharmachan Tujakbaj vom Oppositionsblock „Für ein gerechtes Kasachstan“ und Alikhan Baimenow von „Ak Schol“ (Heller Pfad) für die stärksten Widersacher gehalten. Eine politische Alternative sind sie nicht. „Auch die Opposition ist vom Machtkampf zerfressen“, so das Urteil der Politologin und Kasachstan-Expertin Beate Eschment. Siegt Nasarbajew, wäre es seine dritte Amtsperiode. Seit der Unabhängigkeit Kasachstans im Jahr 1991 ist er bisher einziger Präsident des Landes.

Trotz Korruptionsvorwürfen findet Nasarbajew in der Bevölkerung Rückhalt. Grund sind seine umfassenden Reformen, die Kasachstan zum wirtschaftlich erfolgreichsten Land in Zentralasien gemacht haben. Im GUS-Raum hält es mit einem Wirtschaftswachstum von jährlich um zehn Prozent einen der vorderen Plätze. Das Volumen ausländischer Direktinvestitionen lag im vergangenen Jahr bei 3,5 Milliarden US-Dollar. Das Pro-Kopf-Einkommen wuchs 2004 um 13 Prozent, die Arbeitslosigkeit sank auf 8,4 Prozent.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nutzte Nasarbajew das gewaltige Ressourcenpotenzial Kasachstans, um Investoren ins Land zu holen. Er schuf einen Gesetzesrahmen, der vor allem den Rohstoffsektor aufbaute. Heute dominieren die Förderung und der Export von Öl, Gas, Kohle und Eisenerz die Wirtschaftsstruktur. Allein die Ölproduktion ist seit 1995 um das Dreifache gestiegen.

Das Öl könnte Kasachstan allerdings zum Verhängnis werden. Ohne Diversifizierung droht dem Land die „Dutch Disease“, das Ausbrennen der Wirtschaft durch einseitige Abhängigkeit von Rohstoffexporten, die zu Außenhandelsüberschüssen und zur Aufwertung der Währung führen kann. „Kasachstan hat aber eine bessere Ausgangslage als Aserbaidschan und Turkmenistan“, schätzt der Berliner Zentralasien-Experte Uwe Halbach. Sowohl die Regierung als auch die „konstruktive“ Opposition seien sich dessen bewusst. „Insgesamt erwarte ich für Kasachstan keine dramatischen Zäsuren“, so Halbach. „Aber meine Hand würde ich für diese Prognose nicht ins Feuer legen.“


Weitere Artikel