Bombendrohung behindert das erste Gay-and-Lesbian-Fest
Für Bulgariens Hauptstadt Sofia war es eine absolute Premiere: Im «Red House»-Zentrum für Kultur und Diskussion fand vom 6. bis 10. Oktober 2005 dass erste Gay&Lesbian-Fest statt. Das Motto: «Being Sexually Different». Das Festival krönte eine Reihe von Diskussionen, die seit Frühjahr 2005 in den Kulturzentrum stattfinden.
Im Zentrum des Festivalprogramms standen Spielfilme, die sich sich mit schwul-lesbischen Themen auseinander setzen: «Coming Out» (BRD/DDR, 1988/89), «O Fantasma» (Portugal, 2000), «Round Trip» (Israel, 2004) und «Sommersturm» (Deutschland, 2004). Zudem wurden 15 Dokumentarfilme aus den Vereinigten Staaten, Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Israel und Spanien gezeigt.
eingerahmt wurde das Filmprogramm durch zwei Ausstellungen: einer Bilderausstellung unter dem Titel «Georg», des bulgarischen Malers Georg Alexandrov, mit welcher auch das Festival eröffnet wurde, und der Foto-Ausstellung «Coming out» des Fotografen Burr-brown. Eine offene Diskussion zum Thema «Gay&Lesbian Festivities in South-Eastern Europe» schloss sich an.
Am zweiten Veranstaltungstag wurde das Festival em,pfindlich gestört. Gegen 16.30 h teilte die Polizei mit, dass sich im Haus eine Bombe befinden soll. In der darauf folgenden Polizei-Aktion wurde das Haus evakuiert und die Fortführung des Festivals für 24 Stunden gestoppt. «Eins ist klar, das Festival ist für jemanden ein Dorn im Auge und er hat sein Bestes gegeben, um es zu stoppen», kommentierte Tzvetelina Iossifova, die Leiterin des «Red House»-Zentrums.
In einer Pressekonferenz versuchten die Organisatoren des Festivals die Hintergründe des Vorfalls zu klären: «Um ehrlich zu sein, wir vermuten ernsthaft, dass es gar keine Bombendrohung gegeben hat, sondern diese nur von der Polizei erfunden worden ist, um das Festival zu stoppen», erklärte Martin Cvetkov, Leiter der Queer Bulgaria Foundation. Es habe immense Probleme in der Kommunikation mit der Polizei gegeben, diese habe keine Details ihrer Untersuchungen bekanntgegeben und so den weiteren Aufklärungsprozess blockiert.
«Durch diesen Vorfall konnten wir mal wieder miterleben was mit Andersdenkenden in Bulgarien geschieht», sagte Peter Anders, der Leiter des Goethe-Instituts Sofia. «Es hat sich erneut bestätigt, dass Minderheiten in diesem Land besonderen Schutz bedürfen». Doch die Organisatoren ließen sich durch den Vorfall nicht weiter beirren und setzten das Festival nach 24 Stunden Pause, die nach bulgarischem Recht vorgeschrieben sind, fort.
«Es ist außerordentlich wichtig, sich mit der Situation zu konfrontieren und sich nicht unterkriegen zu lassen. Das Festival darf nicht abgebrochen werden», sagte Zvonimir Dobrović, Programmdirektor des größten schwul-lesbischen Kulturfestivals in Südosteuropa: «Queer Zagreb» in Kroatien, der in Sofia zu Gast war. Auch er hatte seinerzeit große Probleme, das Zagreber Festival aufzubauen. «Heute aber gehören wir zu den bekanntesten Festivals in der Stadt und ganz Kroatien. Durch unsere gezielte Tätigkeit haben wir es geschafft, die Einstellung der Bürger zum Thema Homosexualität zu verändern».
Mit ähnlichen Problemen wie Sofia kann Sarajevo nächstes Jahr auch rechnen. Das dortige Goethe-Institut und die schwul-lesbische Organisation «Q» möchten im Frühling 2006 ein gemeinsames Queer-Festival auf die Beine stellen. Besonders heikel in einer Stadt mit einer sehr starken und einflussreiche islamischen Gemeinde. «Um ehrlich zu sein, haben wir Angst, doch nach den Vorfällen in Sofia sind wir auf alles vorbereitet und es kann uns fast nichts mehr überraschen», kommentiert Vildan Efendić, Mitglied der Sarajevoer Organisation «Q» die Geschehnisse in Sofia.
Das Sofioter Festivalteam schaffte es am Ende, trotz der Bombendrohung das erste Gay&Lesbian-Fest der Stadt glücklich zu Ende zu bringen. «Es ist wichtig den politischen Kampf fortzusetzen», argumentierten die Organisatoren. Deswegen wollen sie schon bald mit der Organisation des nächsten Festivals starten: des zweiten Gay&Lesbian-Festivals 2006 in Sofia.