Russland

Geschäftspartner des Plastinators betrieb illegalen Leichenhandel


Nowosibirsk (n-ost) - Ein Nowosibirsker Gericht verurteilte am vergangenen Freitag einen Gerichtsmediziner, am illegalen Versand von Leichen und Leichenteilen nach Deutschland beteiligt gewesen zu sein. Die Körper und Organe sollten in Deutschland plastiniert werden - am Heidelberger Institut von Gunther von Hagens, welcher mit seiner Ausstellung „Körperwelten“ regelmäßig in die Schlagzeilen gerät. Erstmals wurde damit ein Geschäftspartner des „Plastinators“ für schuldig befunden.

Der Rechtsstreit zog sich fünf Jahren lang hin. Damals beschlagnahmte der Zoll der sibirischen Millionenstadt Nowosibirsk etwa 30 Leichname und 150 Gehirnpräparate. Die Körper und Körperteile sollten in Heidelberg dauerhaft konserviert werden, um dann später in Nowosibirsker Hochschulen als Unterrichtsmittel Verwendung zu finden.

Doch offensichtlich wurden bei einigen Leichen die geltenden russischen Rechtsregeln nicht beachtet. Offiziell handelte es sich um Verstorbene, deren Angehörige nicht gefunden werden konnten – in den meisten Fällen Obdachlose. Doch bei mindestens acht Fällen fand die Staatsanwaltschaft bei ihren Recherchen Verwandte. Diesen war von den zuständigen Nowosibirsker Gerichtsmedizinern gesagt worden, dass die Verstorbenen im Krematorium eingeäschert worden sind. Einigen wurde sogar Asche in Plastiktüten überreicht.

In Deutschland sorgte der Fall mehrfach für Schlagzeilen. Verschiedene Zeitungen und das Fernsehmagazin Fakt mutmaßten, dass die Körper von Nowosibirsker Obdachlosen in Hagens’ Ausstellung Verwendung finden sollten. Dem widersprechen allerdings Angaben der Uni Nowosibirsk. Auch von Hagens selbst betont in mehreren Pressemitteilungen: „Ich habe aus Russland niemals Leichen oder Leichenteile bekommen und behalte mir rechtliche Schritte gegen diese Unterstellung vor. Das Institut für Plastination in Heidelberg hat lediglich von der Universität aus Nowosibirsk eine Sendung von dauerhaft konservierten und irreversibel anonymisierten Präparaten mit Zustimmung der russischen Behörde erhalten.“ Dazu betonte von Hagens, „dass alle notwendigen Unterlagen vorlagen und dass Angehörige ausgesagt haben, sie seien nicht bereit gewesen, ihre Angehörigen zu beerdigen.“

Die russische Staatsanwaltschaft leitete Verfahren gegen den Direktor der Staatlichen Medizinischen Akademie in Nowosibirsk sowie ein Dutzend leitender Gerichtsmediziner und Beamter ein. Fast alle Anklagen wurden mit der Zeit fallen gelassen. Am Ende stand nur noch der Direktor des regionalen Büros für Gerichtsmedizin, Wladimir Nowosjolow, vor Gericht. In der ersten und zweiten Instanz im November 2003 und August 2004 wurde auf Freispruch entschieden.

Auf Drängen der Staatsanwaltschaft und fünf Hinterbliebener wurde der Prozess ein drittes Mal aufgerollt und Nowosjolow nun zu 35.000 Rubeln (rund 1.000 Euro) Strafe wegen Kompetenzüberschreitung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft legte umgehend Revision ein. Sie will Nowosjolow für zwei Jahre hinter Gitter bringen. Von Hagens selbst deutet die Gerichtsverfahren vor allem als innerrussische Streitigkeiten zwischen Zollbehörden und als Rangeleien um Führungspositionen in Forschungsinstituten. Mit dem Verurteilten Nowosjolow, so betont der Plastinator, „haben weder das Institut für Plastination noch ich jemals in Kontakt gestanden.“


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Norbert Schott


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