Bulgarien

Bulgarien vorerst ohne neue Regierung

Mehr als einen Monat nach den bulgarischen Parlamentswahlen ist eine neue Regierung weiter entfernt denn je. Am Donnerstag gab Sergej Stanischev, der Vorsitzende der Sozialisten, bekannt, dass seine Partei das Mandat zur Regierungsbildung abgebe. Damit ist nun die zweistärkste politische Kraft, die Partei des bisherigen Ministerpräsidenten Sakskoburggotski „Nationale Bewegung Simeon II.“ (NDSW), am Zug.

Am Mittwochnachmittag hatten die Sozialisten gemeinsam mit der Partei der türkischen Minderheit, Ahmed Dogans „Bewegung für Rechte und Freiheiten“, dem Parlament ihren Kabinettvorschlag präsentiert. Auf Grund des knappen Wahlergebnisses benötigte die geplante Mitte-Links-Koalition die Unterstützung anderer Parlamentsfraktionen. Schließlich endete die 17-stündige Marathonsitzung mit einem Debakel. So wurde Stanischev zwar mit einer Stimme Mehrheit als Ministerpräsident bestätigt, sein Kabinett erhielt in einer zweiten Abstimmung jedoch nicht die nötige Zustimmung. „Wir wollen nicht um jeden Preis regieren“, sagte Stanischev sichtlich getroffen vor Journalisten. Gleichzeitig unterstrich er, dass eine stabile Regierung nur mit Hilfe der Sozialisten und Dogans Partei möglich wäre.

In den letzten Wochen hatte sich der Konflikt zwischen linken und rechten Parteien in Bulgarien verschärft. Insbesondere die ultranationalistische Formation „Ataka“, die nach den Wahlen erstmals im Parlament vertreten ist, hatte gegen eine Regierungsbeteiligung der Sozialisten und der türkischen Partei polemisiert.

Nun geht der Koalitionspoker in die nächste Runde. Das Mandat zur Regierungsbildung erhält nun Simeon Sakskoburggotskis NDSW. Ihr Vizevorsitzender Plamen Panajotov erklärte, dass die NDSW mit allen Parteien Koalitionsverhandlungen führen wolle. Doch nur eine Koalition mit den Sozialisten und Achmed Dogans Türkenpartei könnte eine sichere Mehrheit ermöglichen. Ob die beiden Parteien nach der gestrigen Blamage zu einer Koalition unter einem Ministerpräsidenten Sakskoburggotski bereit sind, ist allerdings fraglich. Im Gespräch ist auch eine zeitlich begrenzte, breite „Koalition der nationalen Einheit“, die Bulgariens Weg in die EU sicherstellen soll. Auf Grund der innenpolitischen Krise verzögern sich die gesetzlichen Reformen, die Bulgarien für einen EU-Beitritt noch erfüllen muss.


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