Moldawien

Wahlwiederholung in Moldawien wahrscheinlich

Die Parlamentswahl in Moldawien Anfang März passte so gar nicht zu dem revolutionären Mainstream, der in den vergangenen Monaten die post-kommunistischen Länder rund um das Schwarze Meer erfasste. Nach der „Rosenrevolution“ in Georgien, der „Revolution in Orange“ in der Ukraine und dem ebenfalls unter orangen Fahnen vollzogenen Machtwechsel in Rumänien, schien auch Moldawien reif für die Demokratie nach westlichem Muster. Doch die Parlamentswahlen am 6. März gewann mit großem Abstand die herrschende kommunistische Partei des Präsidenten Wladimir Woronin. Allerdings sind es gewendete Kommunisten, die seit neuestem den EU-Beitritt des Landes anstreben. Nur zwei weitere Parteien übersprangen die in Moldawien bestehende sechs Prozent Hürde: der Block Demokratische Moldau (34 Abgeordnete) und die konservative Christlich-Demokratische Volkspartei (10 Sitze), die ebenfalls eine pro-europäische Linie verfolgt. 

Trotz ihrer 57 Sitze ist der Sieg der Kommunisten nicht umfassend. Noch in der vorangegangenen Legislaturperiode hatten sie 71 Sitze – genug um die Verfassung zu ändern. Diesmal reicht die Stimmenanzahl nicht einmal für die Präsidentenwahl aus. Mit mindestens 61 Stimmen muss das neue Parlament nach Moldawischer Verfassung, einen neuen Präsidenten wählen. 

Um die Wiederwahl des amtierenden Präsidenten Wladimir Woronin zu sichern, brauchen die Kommunisten also vier zusätzliche Stimmen. Die beiden Oppositionsparteien aber weigern sich beharrlich, das offizielle Wahlergebnis überhaupt anzuerkennen. Damit verfolgen sie ein klares Ziel: Neuwahlen, die, laut Gesetz, stattfinden müssen, falls innerhalb von 45 Tagen nach den Parlamentwahlen kein Präsident gewählt wird. „Die Kommunisten haben nicht mehr das Vertrauen der Bevölkerung. Sie sind regierungsunfähig“, erklärt der Block Demokratisches Moldawien. Woronins neuer pro-westlicher Kurs sei unglaubwürdig. 

Als eine Art post-sowjetisches Wrack ist Moldawien neben Albanien das ärmste Europas. Moldawien ist zu klein, um Auslandsinvestitionen anzulocken. Seine 4,4 Millionen Einwohner überleben zum Grossteil durch Subsistenzwirtschaft und Gelder von im Ausland arbeitenden Verwandten. Je nach Schätzung arbeiten zehn bis 25 Prozent der Moldawier im Ausland, zum Großteil illegal in der EU. 

Wirtschaftliche Verzweiflung und Sowjet-Nostalgie brachten rund 700,000 Moldawier dazu, auch diesmal für die Kommunisten zu stimmen. Aber trotz ihrer Mehrheit ist die Kommunistische Partie geschwächt. Vor dem Hintergrund der demokratischen Umschwünge in der Ukraine und Rumänien vollzog die Kommunistische Partei eine radikale Kehrtwende, um die Macht zu erhalten. Statt einer politischen Union mit Russland und Weißrussland, die sie noch in der vorherigen Legislaturperiode anstrebte, bekennt sich die Partei nun offen zur EU-Integration. 

Doch trotz Ihrer neuen pro-westlichen Orientierung folgte die Partei auch in diesen Wahlen nur rudimentär demokratischen Standards und nutzte ihre Kontrolle über staatliche Medien zum eigenen Vorteil. Im Unterschied zur Ukraine und Weißrussland ist es zwar bei den moldawischen Wahlen zu keinen schweren Fälschungen gekommen. Aber vor allem im Bezug auf den freien Zugang zu staatlichen Medien sind die international etablierten Standards nicht erfüllt worden hieß es in der Beurteilung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Viel Zeit bleibt nicht mehr, um einen Präsidenten zu wählen. Die einzig verbliebene Möglichkeit für die Kommunisten ist, sich nach Überläufern aus dem Oppositionslager umzusehen. Experten allerdings glauben, dass kein ernsthaft demokratischer und pro-europäischer Politiker sich auf solch eine Allianz einlassen wird. Sollte die Opposition also auch weiterhin ihren Boykottkurs beibehalten, könnte das neue Parlament schon Ende April aufgelöst werden. Neuwahlen müssten dann innerhalb von zwei Monaten stattfinden.


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