Hilfe aus der Frustration
Opole (n-ost) Die Jugend-Arbeitslosigkeit in Deutschland ist bedrückend hoch, doch zum Glück noch weit von polnischen Verhältnissen entfernt. Im oberschlesischen Opole (Oppeln) haben 45 Prozent der Jugendlichen keinen Job. Nun sollen Rezepte aus Deutschland ihnen neue Perspektiven verschaffen. In Opole ist ein Projekt angelaufen, das jungen Arbeitslosen mit einer persönlichen Potentialanalyse den Weg aus der Ausweglosigkeit zeigt. Unterstützt wird dieses Projekt von der Berliner Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen.
„Rein ins Arbeitsleben“, das denken sich die meisten Schul- oder Universitätsabsolventen. Doch was, wenn der Plan nicht aufgeht, es keine passende Lehr- oder Arbeitsstelle gibt? Diese Situation zu meistern, ist nicht einfach: Erst schwindet die Energie, dann der Mut. Was bleibt, ist ein angeschlagenes Selbstwertgefühl und reichlich Frust.
Was in Deutschland Dauerthema ist, beherrscht auch in der oberschlesischen Woiwodschaft Opole die Schlagzeilen. Laut der Statistik des Arbeitsamtes der Woiwodschaft waren im Juni 20,4 Prozent der Bevölkerung arbeitslos gemeldet, unter den Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren liegt die Rate bei erschreckenden 44,9 Prozent. Tendenz steigend. „Die Wirtschaft in der Region Opole wird vom Insolvenzverwalter betrieben", schreibt eine lokale Zeitung und dies entspricht der Wahrheit: 56 Spitzenbetriebe dieser Region mussten in den vergangenen Monaten Insolvenz anmelden. „Derzeit einen Arbeitsplatz zu ergattern, ist eine Kunst”, erklärt der 19-jährige Mariusz aus Opole. Er sucht schon seit einem Jahr.
Nun soll es wenigstens für junge Arbeitslose der Region einen Ausweg geben: Seit diesem Sommer bietet die Deutsche Bildungsgesellschaft in Opole, eine Institution der dortigen deutschen Minderheit, ein Potential-Ermittlung-Assessmentcenter an. Die so genannte P.E.A.Ce-Maßnahme wurde von der Berliner Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen (GFBM) entwickelt. 2500 Jugendliche betreute die Einrichtung allein in Berlin, nun sollen auch die jungen Arbeitslosen in Oberschlesien von den Erfahrungen profitieren. Dort wird das Projekt finanziell von der Otto Bennecke Stiftung getragen, die im Auftrag der Bundesregierung arbeitet.
In Kooperation mit dem örtlichen Arbeitsamt sollen jungen Menschen im Alter von 17 bis 35 Jahren unterstützt werden. Schulabbrecher haben sich ebenso angemeldet wie Hochschulabsolventen. Auch Mariusz ist dabei: „Ich weiß nicht so genau, was ich machen will. Aber mutlos rumhängen, darauf habe ich keine Lust mehr.”
Heike Guder, Berliner Koordinatorin der GFBM und in Opole für die Beratung des Teams zuständig, erklärt die Ziele der Potentialanalyse: „Sie soll die individuellen Fähigkeiten des Teilnehmers, die ihm nicht bewusst sind, zum Vorschein bringen.”
Um dies zu ermöglichen, müssen die Teilnehmer innerhalb von acht Tagen verschiedene Module absolvieren, die eine authentische Arbeitssituation simulieren: die Fähigkeiten zur Kommunikation und Integration werden bei der Teamarbeit getestet, handwerkliches Geschick zeigt sich im Arbeiten mit Holz. Auch das Allgemeinwissen wird getestet, ebenso wie Logik und Fremdsprachenkenntnisse.
Dabei werden die Teilnehmer von Trainern beobachtet, die dafür im vergangenen April geschult wurden. „Anders als ein Arbeitsvermittler, der nur zehn Minuten Zeit hat für jeden Kunden, sind wir viel näher dran. Bis zu drei Trainer beobachten eine zwölfköpfige Gruppe, da gehen weder Stärken noch Schwächen unter”, erklärt Heike Guder. „Und die Leute sehen, in welchen Bereichen sie noch an sich arbeiten müssen, um die beruflichen Chancen zu verbessern”, sagt Dorota Rybczyk, Projektmitarbeiterin aus Opole.
Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die weitere Planung des Berufsweges. Die Weiterbetreuung soll durch das örtliche Arbeitsamt erfolgen. Bislang läuft diese Zusammenarbeit aber eher schleppend. „Neue Methoden werden erst einmal kritisch betrachtet. Die Potentialanalyse ist hier noch weitestgehend unbekannt. Da müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten”, klagt Dorota Rybczyk. Sie ist dennoch vom Gelingen des Projektes überzeugt: „Zwar können wir keine Arbeitsplätze schaffen, wo keine sind, aber wir können arbeitslose junge Menschen wieder ermutigen, dass sie etwas können, auch wenn sie arbeitslos sind. Denn wer mutig ist, hat Motivation genug, um auf diesem schwierigen Weg aktiv zu werden.”
Melanie Longerich Ende