SPD: Nostalgiereisen für Russlandversteher
Wer sich als gestandener Genosse den guten alten Zeiten der Entspannungspolitik noch einmal so richtig hingeben möchte, für den bietet der SPD-ReiseService dieses Jahr das richtige Reiseziel. „Russland verstehen? Moskau besuchen!“ – unter diesem Motto veranstaltet das Berliner Reisebüro 2015 gleich sieben Nostalgiereisen in die russische Hauptstadt.
„Wer Russland verstehen möchte, muss sich keineswegs dafür schämen oder entschuldigen“, lockt der Katalog und schwelgt in Erinnerungen an die Zeit der ruhmreichen SPD-Ostpolitik im letzten Jahrhundert. „Erst kommt das Verstehen, danach die Verständigung“, heißt es da. Es führe kein Weg daran vorbei, sich selbst „vor Ort“ ein Bild zu machen, um mit eigenen Einschätzungen die Nachrichten, die uns erreichen, ein wenig differenzierter zu beurteilen.
Zwar führt das fünftägige Programm bislang nur zu den klassischen touristischen Höhepunkten wie auf den Roten Platz oder in die Moskauer Metro, aber der Veranstalter verspricht dank enger Zusammenarbeit mit der parteinahen Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Deutsch-Russischen Forum einen „Blick hinter die Kulissen“. Kein Wunder also, dass Matthias Platzeck sich in seiner doppelten Funktion als SPD-Politiker und Vorsitzender des Forums den Katalog mit einem lobenden Grußwort schmückt. Da fehlt nur noch Egon Bahr als Reiseleiter.
Kein gutes Entspannungsziel
„Die Programmverantwortung liegt bei mir“, sagt der Geschäftsführer der SPD-Reisetochter, Claus Wilms. Russland sei auch im letzten Jahr mit einer Ostsee-Kreuzfahrt im Katalog gewesen. Jetzt setzt er auf reges Interesse unter den Genossen, denn pro Reise sollten mindestens 35 Teilnehmer zusammenkommen. Das Stammpublikum ist um die 60 Jahre alt. „Ich hoffe darauf, dass wir immer noch eine stolze große Partei sind.“ Wilms hebt den besonderen Fokus seines Reisebüros heraus: „Zum 1. Mai ins rote Wien“, „Auf der Straße der Demokratie durch Deutschland“ seien ebenso charakteristische Reiseangebote wie nun die Moskau-Reisen.
Trotz dieses Bildungsansatzes sind andere postsowjetische Reiseziele mit jeweils einer Reise nach Georgien und ins Baltikum auffallend spärlich vertreten. Dabei könnte gerade die SPD in dieser Hinsicht dringend Nachhilfe brauchen. In die Ukraine führt keine einzige Reise. „Es ist keineswegs so, dass wir das nicht auch in der Vergangenheit bereitgestellt hätten“, sagt Wilms. Leider sei die Kreuzfahrt von Kiew nach Odessa und auf die Krim aufgrund der aktuellen politischen Lage unmöglich geworden.
Als Entspannungsziel ist die Ukraine nach der russischen Aggression gegen das Nachbarland leider nicht mehr geeignet. Auch die selbst postulierten Ziele des SPD-ReiseServices dürften nicht so recht passen, die denn lauten: „Wir sind keine „Ferienschule” der Partei, sondern bieten Urlaub mit viel Spaß, guter Laune und ein bisschen Erholung vom Alltag mit vielen neuen Erfahrungen und Erlebnissen.“ Also: „Nach Moskau!“