Flagge Großalbaniens führt zu Spielabbruch
Stefan Mitrovic reagiert prompt, als er die großalbanische Flagge sieht, die per Drohne auf das Spielfeld geflogen kommt. Der serbische Spieler des SC Freiburg zupft sie herunter, woraufhin er von albanischen Spielern attackiert wird. Es kommt zu Rangeleien zwischen Spielern und Funktionären beider Nationalmannschaften. Serbische Fans stürmen auf das Spielfeld und attackieren Spieler der gegnerischen Mannschaft, die wiederum versuchen, sich in die Umkleideräume zu retten.
Der englische Schiedsrichter Martin Atkinson bricht das EM-Qualifikationsspiel am Dienstagabend in Belgrad in der 42. Minute ab. Zuvor hatten Anhänger der serbischen Nationalmannschaft bereits Feuerwerkskörper auf das Spielfeld geworfen und den albanischen Spielern mit körperlicher Gewalt gedroht.
War es der Bruder des albanischen Premierministers?
Diese Vorkommnisse sind kein Einzelfall: In den vergangenen Jahren fielen serbische Hooligans wiederholt mit Provokationen und Randale auf. So musste 2010 das EM-Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Italien wegen Krawallen abgebrochen werden. Vielen serbischen Vereinen wird zudem nachgesagt, ein Problem mit rechtsextremen Hooligans zu haben.
Im aktuellen Fall berichten serbische Medien, Olsi Rama, der Bruder des albanischen Premiers Edi Rama, habe aus der VIP-Lounge die Drohne auf das Spielfeld gelenkt. Er bestreitet dies und wurde am Mittwochmorgen nach einer kurzfristigen Festnahme wieder auf freien Fuß gesetzt.
Serbischer Außenminister spricht von „politischer Provokation“
Der serbische Außenminister Ivica Dacic zeigte sich in einem Interview mit der serbischen Boulevardzeitung Blic empört über den Zwischenfall. Das „größte Problem“ sei, „dass es der Bruder des albanischen Premiers getan hat“. Der Bruder sei Gast im Belgrader Stadion gewesen. „Das ist eine politische Provokation.“
Besonders brisant ist der Vorfall, weil der albanische Premierminister Edi Rama selbst nächste Woche zum Staatsbesuch nach Belgrad kommen soll. Viele Serben werden ihn für die Aktion seines Bruders verantwortlich machen, dabei ist der Politiker und Künstler selbst bislang nicht durch antiserbische Rhetorik aufgefallen. Ob der Staatsbesuch nach dem Vorfall im Fußballstadion noch stattfindet, steht derzeit in den Sternen. Edi Rama äußerte sich per Twitter zu dem Vorfall. Er sei stolz auf die albanische Nationalmannschaft, schrieb er. Mit den „serbischen Nachbarn“ aber, die „der gesamten Welt dieses hässliche Bild gezeigt haben“, habe er Mitleid.
Das steckt hinter der provokanten Flagge
Warum sich die serbischen Spieler so von der am Dienstag gezeigten Flagge provozieren ließen, zeigt ein näherer Blick darauf. Die Flagge zeigte die Umrisse eines potenziellen Großalbaniens, wie es sich albanische Nationalisten erträumen: Mit zusätzlichen Gebieten, die mehrheitlich von Albanern bewohnt sind, aber Nachbarstaaten wie Serbien gehören.
In Serbien wiederum herrscht eine starke antialbanische Stimmung. Das drückt sich auch darin aus, dass die Belgrader Regierung als Rechtsnachfolgerin von Jugoslawien noch immer nicht die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennt, während Albanien diplomatische Beziehungen zum Kosovo aufgenommen hat. Die kosovarische Zentralregierung in Pristina wiederum hat keine Kontrolle über das von Serben bewohnte Nordkosovo.
Zuletzt hatte es Anzeichen für eine Entspannung der Lage zwischen Albanien und Serbien gegeben. So war es im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen zu einer Annäherung gekommen, vermittelt durch die bisherige EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Zudem unterschrieben Serbien und das Kosovo im April 2013 ein Abkommen, in dem die Normalisierung der Beziehungen angestrebt wird. Die Annäherung wird allerdings regelmäßig durch Gewaltakte, nationalistische Rhetorik und nun auch Zwischenfälle auf dem Fußballfeld gestört.