Großbaustelle Gorki-Park
Der Herbst schickt seine Vorboten nach Moskau. Regnerisch und kühl hat der September begonnen, im Gorki-Park, der grünen Oase im 12-Millionen-Moloch, sind nur noch wenige Besucher unterwegs. Die Tretboote am kleinen See liegen aufgereiht am Steg, das Beachvolleyball-Feld ist verwaist, Terrassenstühle hat man zusammengeräumt, das Open-Air-Kino wirbt für die letzten Vorstellungen der Saison.
Um die hunderttausend Besucher strömen an einem durchschnittlichen Sommerwochenende in den aus Kalten-Krieg-Filmen und Popmusik weltbekannten Park. Sogar wenn es Winter wird, kommen die Moskauer ans Moskwa-Ufer. Dann verwandelt sich der Park in eine riesige Eisfläche. Dafür wird die Grünfläche jedes Jahr umgestaltet.
In diesem Jahr sind die Baumaßnahmen allerdings noch deutlich größer. Der Park, der 1928 „für Kultur und Erholung“ gegründet wurde, bekommt zum 85. Geburtstag ein besonderes Geschenk: Er soll zum größten Stadtpark Europas werden, mit der längsten Uferpromenade des Kontinents.
Konkurrenz zum Hyde Park
Die Bauarbeiten haben bereits begonnen und sollen bis ins Jahr 2017 dauern. Am Ende soll eine zehn Kilometer lange Flaniermeile entlang dem Moskwa-Ufer bis fast an den Kreml führen. Für die Umgestaltung hat Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin Landschaftsdesigner aus Großbritannien engagiert. Deren Ziel ist „ein Park für jedermann, wo Kultur und Natur zusammentreffen“. Das Augenmerk liegt laut Andrew Harland, Senior Partner von LDA Design, auf „Lebensqualität, Gesundheit, Spielraum und Erholung“. Moskau werde bald dem Central Park in New York und dem Hyde Park in London Konkurrenz machen, heißt es auf der Webseite der Designer.
Um dies zu erreichen, wollen die Designer die Rasenfläche verdreifachen. Von derzeit 170 existierenden Gebäuden soll am Ende nur noch die Hälfte übrig sein. Die gesamte Grünanlage soll einmal 300 Hektar umfassen – und den Gorki Park mit anderen Gärten und einem Naherholungsgebiet verbinden.
Füge man die einzelnen Parks zusammen, entstehe der größte innerstädtische Park in Europa, kündigte Sergej Sobjanin während des Wahlkampfes um das Moskauer Bürgermeisteramt an. Moskaus bisheriger Bürgermeister wird allen Erwartungen zufolge auch nach der Wahl an diesem Sonntag weiterregieren.
Radwege statt Staus
Doch sein Plan für den Gorki Park ist nicht nur ein Wahlversprechen. Länger schon will er die Stadt attraktiver für die Bürger machen. Im Stadtzentrum ließ Sobjanin deshalb großflächig Fußgängerzonen und Radwege anlegen. Er führte bezahlte Parkplätze ein und versucht in der von Autofahrern dominierten Stadt die Staus zu reduzieren. Veränderungen sind dringend nötig. Einer Umfrage zufolge beklagen fast zwei Drittel der Moskauer, dass ihre Stadt nicht sonderlich lebenswert ist.
Auch der Gorki-Park verwandelt sich. Seit zwei Jahren staunen die Moskauer, was aus dem seit den 1990-er Jahren stark vernachlässigten Gelände geworden ist. 2011 verschwanden die veralteten Fahrgeschäfte und billigen Schaschlik-Buden, stattdessen gibt es Sommercafes und Liegewiesen, Leihräder, eine Tanzschule und kostenloses Wi-Fi. Finanziert wurde die Neugestaltung zunächst von dem Oligarchen Roman Abramowitsch, dann aus dem Budget der Stadt. Fast 40 Millionen Euro flossen im vergangenen Jahr in den Park. Die Umwandlung war erfolgreich: Die Besucherzahlen haben sich seitdem verdreifacht. Der schmuddelige Gorki Park von früher ist vergessen. An kaum einem anderen Ort ist Moskau heute so sauber, modern und entspannt wie hier.