Deutscher Schutzpatron für polnische Schule
Danzig (n-ost) – Seit Monaten belastet ein in Berlin geplantes „Zentrum gegen Vertreibungen“ das deutsch-polnische Verhältnis. Dass Geschichte auch zusammenführen kann, beweist eine Schule im Örtchen Mierzeszyn bei Danzig. Seit dieser Woche trägt sie den Namen des deutschen Priesters Johannes Paul Aeltermann. Der katholische Pfarrer im damals deutschen Meisterswalde wurde am 22. November 1939 von den Nazis hingerichtet, weil er zum Widerstand gegen Hitler aufrief und für Menschlichkeit und Toleranz im Zusammenleben von Deutschen und Polen eintrat. Zusammen mit den Leichen von 67 Polen wurde Aeltermann im 15 Kilometer entfernten Ort Neu-Fietz hinter einer Scheune verscharrt.
„Das Hakenkreuz ist im Widerspruch mit den Grundgesetzen des Christentums. Nächstenliebe ist das Hauptgebot Jesu; wo anders verlangt man Rasse, Rassenkultur und Rassenpolitik.“ Diese Worte sagt Pfarrer Johannes Paul Aeltermann am 21. Mai 1933 in der kleinen katholischen Kirche in Meisterswalde im Süden des Freistaates Danzig. Zu diesem Zeitpunkt gehört Hitler in Berlin längst die Macht. Das Deutsche Reich ist gleichgeschaltet, die Opposition verboten, verfolgt, verhaftet. Danzig, das seit dem Versailler Vertrag unter Völkerbundverwaltung steht, ist noch ausgenommen. Doch auch hier marschieren die Nazis auf den Straßen und schicken sich an, die Wahlen zum Volksrat im Sommer 1933 zu gewinnen. Genau dagegen predigt Pfarrer Aeltermann. Und er belässt es nicht bei Worten. Seine Wahlpredigt wird gedruckt und als Flugblatt und Broschüre unter dem Titel „Hakenkreuz oder Christenkreuz?“ verteilt. Diese für einen Pfarrer unübliche Maßnahme begründet Aeltermann damit, dass es seine „Pflicht ist, Irrlehren zu bekämpfen, die Gläubigen zu schützen“ Die Wähler der Nazis ermahnt er in prophetischen Worten: „Du bist und bleibst doch verantwortlich für alle Folgen...“
Zum Zeitpunkt des Erscheinens seiner Predigt ist Aeltermann bei den Nazis längst als „Polenfreund“ verschrien. Sie drohen ihm öffentlich, „den roten Hahn aufs Dach“ zu setzen. Als Hitler am 1. September 1939 Polen überfällt und Danzig „Heim ins Reich“ holt, haben sie freie Hand. Von Nazis aufgestellte „Schutztruppen“ treiben am 19. November 1939 als illoyal verdächtigte Personen aus den Dörfern im Süd-Westen Danzigs zusammen. Der verhasste Aeltermann muss die anderen Leichen bestatten und wird dann demonstrativ als Letzter erschossen. Auf seine Leichnam wirft man eine tote Kuh. Keiner der Täter wurde später für diese Tat zur Rechenschaft gezogen. Der Mord an dem widerständigen Pfarrer ist in Deutschland nahezu unbekannt. Ausgerechnet eine polnische Schule entreißt seinen Namen nun dem Vergessen.
Der Tag der Namensgebung begann mit einer ausführlichen Würdigung Aeltermanns, an der auch der deutsche Generalkonsul und Vertreter der deutschen Minderheit teilnahmen. In einem Festgottesdienst nannte der Danziger Bischof Tadeusz Goclowski den deutschen Priester ein „großes Symbol“ für ein gemeinsames Europa. „Es kommt nicht darauf an, ob man aus Deutschland oder aus Polen, aus Litauen, Russland, Frankreich oder Italien kommt, - auf den Menschen kommt es an.“ Anschließend fand eine historische Konferenz unter Teilnahme von deutschen und polnischen Zeitzeugen statt.
In Aeltermanns ehemaliger Kirche, vor der sich auch das Grab des Priesters befindet, und an der benachbarten Schule erinnern nun zwei Gedenktafeln an den Pfarrer. Sein Porträt schmückt zudem die neue Schulfahne, auf die in Polen Schüler traditionell vereidigt werden. Und auch die Schulhymne wurde ihm zu Ehren gedichtet. Eine kleine Ausstellung in den Schulräumen beschreibt seine Tätigkeit. Nach Auskunft der Schuldirektorin Zofia Szymanska wurde Aeltermann von einem älteren Gemeindemitglied als Schulpatron vorgeschlagen. Ein Jahr habe die Prüfung gedauert, die zu einer Entdeckungsreise in die gemeinsame deutsch-polnische Geschichte geworden sei. Unter anderem besuchten die 200 Schüler der Grundschule den Hinrichtungsort Aeltermanns, an dem seit 2002 ein Holzkreuz aufgestellt ist. Die Schüler und der Ort seien stolz auf den deutschen Pfarrer. Mittlerweile gebe es sogar den Vorschlag, in Rom die Seligsprechung Aeltermanns anzuregen.
Ende