Deutschland

goEast: Die Berlinale-Gewinner von morgen

Das osteuropäische Kino sammelt auf den internationalen Filmfestivals schon seit Jahren Auszeichnungen, am deutschen Publikum ist das allerdings weitgehend vorbeigegangen. Mit der diesjährigen Berlinale hat sich das ein wenig geändert, denn von den zehn Goldenen und Silbernen Bären gingen beachtliche vier Auszeichnungen nach Osteuropa. Darunter war auch der Hauptpreis des Festivals: der Goldene Bär an den Rumänen Calin Peter Netzer für sein Drama „Mutter und Sohn“.

Wer Netzer schon früher hätte begegnen wollen, hatte dazu vor drei Jahren beim goEast-Festival in Wiesbaden Gelegenheit, als der Regisseur seinen Vorgängerfilm „Ehrenmedaille“ vorstellte. Die Wiesbadener Festivalmacher dürfen sich durch die Entscheidung der diesjährigen Berlinale-Jury also bestätigt fühlen.


Polens Entdeckung des Jahres

Tatsächlich stellt goEast nun bereits im 13. Jahr immer wieder ein Programm aus osteuropäischen Filmen zusammen, die hierzulande wenig bekannt sind, aber durch hohe künstlerische Qualität bestechen. Auch im diesjährigen goEast-Wettbewerb sind mit den Beiträgen „Kreise“ von Srdan Golubovic aus Serbien und „Blütezeit“ von Nana Ekvtimishvili und Simon Groß aus Georgien zwei Filme vertreten, die auf der diesjährigen Berlinale prämiert wurden.

Mit Piotr Trzaskalski kommt einer der bekanntesten Regisseure Polens nach Wiesbaden. Sein Drama „Edi“ zählte 2002 zu den Kassenschlagern im Nachbarland und holte bei der Berlinale 2003 mehrere Preise. Auch für seinen aktuellen Film „Meines Vaters Rad“, der nun in Wiesbaden zu sehen sein wird, gab es schon einen Preis: Hauptdarsteller Michal Urbaniak wurde bei den Polnischen Filmpreisen als „Entdeckung des Jahres“ ausgezeichnet.

Der Russe Alexey Fedorchenko schaffte es kürzlich mit seinem magisch-realistischen Roadmovie „Stille Seelen“ sogar in die deutschen Kinos, was neben den künstlerischen Auszeichnungen, die der Film bei Festivals von Venedig bis Mar del Plata erhalten hat, ein mindestens ebenso wichtiger kommerzieller Erfolg ist. In seinem neuen Film „Himmelsbräute der Wiesen-Mari“ wendet sich Fedorchenko – wie schon in „Stille Seelen“ den finno-ugrischen Minderheiten in seiner russischen Heimat zu. goEast-Besucher sollten sich dieses große Kino mit seinen tollen Bildern nicht entgehen lassen.


Einblicke in den Alltag eines Autisten

Neben Spielfilmen ist in Wiesbaden seit jeher der Dokumentarfilm fest verankert. In diesem Jahr feiert dort beispielsweise die ukrainische Schauspielerin Lyubov Arkus mit der Doku „Anton ist hier“ ihr Regiedebüt. Über sechs Jahre hinweg begleitete sie den autistischen Jugendlichen Anton durch die Höhen und Tiefen seines Alltags. Die jahrelange filmische Begleitung zeigt den Kampf eines vermeintlichen Außenseiters um Anerkennung und Integration in der Gesellschaft.

Doch egal, welchen Film sich die Festivalbesucher aus dem Wettbewerb oder aus einer der klug zusammengestellten Nebenreihen ansehen wollen – auf keinen Fall sollten sie die Filmgespräche verpassen, die jeden Tag ab 22 Uhr im Gebäude der Wiesbadener Casino-Gesellschaft geführt werden. Dort kommt jeder Interessierte in kleinem Kreis mit großartigen Filmemachern des osteuropäischen Autorenkinos in Kontakt, unter denen durchaus ein künftiger Berlinale Gewinner sein könnte.


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