Starke Männer, Blinis und Luftballons
Der Geruch von Pfannkuchen, Zuckerwatte und Rauch füllt den Lenin-Platz im Zentrum von Woronesch in Russland. Unter den Augen der sowjetischen Lenin-Statue feiern die Menschen den sechsten Tag der russischen Maslenitsa-Woche, auch als „Pfannkuchenwoche“ bekannt.
„Maslenitsa ist Glück, Sonne und der Start in den Frühling“, sagt Ludmilla Hribunova (53), eine Luftballonverkäuferin, die von einer Feier zur anderen und von Stadt zu Stadt mit ihren bunten, aufgeblasenen Bären und Drachen reist.
Maslenitsa hat seinen Ursprung in der heidnischen und christlich orthodoxen Traditionen. Für die Slawen markiert es das Ende des Winters und entspricht dem christlich-abendländischen Karneval. Heute ist die Woche für die meisten Russen eine Gelegenheit, den Frühling zu begrüßen. Und es ist die letzte Woche vor der langen, 40 Tage andauernden Fastenzeit. „Heute gibt es keinen Schnee, aber normalerweise würde ich Schlittenfahren und Schneeballschlachten veranstalten in der Woche von Maslenitsa“, lacht der 85-jährige Vassili Serjonovits.
Es gibt auch viele Wettbewerbe, in denen die jungen Männer ihre Stärke unter Beweis stellen können. „Dawai-dawai-dawai! Los, weiter!“ schreit die Menge, um die jungen Männer anzufeuern, die den Maibaum-ähnlichen Stamm in Unterhose hochklettern.
Aljona (45) zeigt auf ein Kuh-Maskottchen, um ihrem dreijährigen Sohn Vasja zu zeigen, wo die Milch herkommt. „Und Milch ist in Blini, erinnerst du dich?“. Der Junge nickt und an dem Glanz seiner Augen kann man sehen, dass er die dicken Pfannkuchen gern hat, die meist mit Zucker, Marmelade oder Sauerrahm bestrichen sind. Es ist die letzte Woche vor dem Fasten, in der man noch Fleisch, Milch, Käse und andere Milchprodukte essen darf. Die Blinis sind nicht nur wegen ihres hohen Fettgehalts eines der Hauptnahrungsmittel.
Drei Mädchen in traditionellen Kostümen lachen, wenn Schaulustige sie nach gemeinsamen Fotos fragen. „Wir haben diese Kleider selbst geschneidert, aber sonst tragen nur wenige Leute diese Art von Kleidung zu den Feierlichkeiten, da sie nicht billig sind. Unsere Großmütter trugen sie im täglichen Leben, aber heute fühlen wir uns eher wie ein lebendiges Museumsstück”, lacht Daria (23 ). Sie, Julia (24) und Olja (24) laufen schnell auf die Bühne, um Lieder und Tänze mit den anderen Mitgliedern der lokalen Gruppe Pavete aufzuführen.
Ein Kosake auf einem Pferd bringt eine dekorierte Strohpuppe auf die Bühne. Eine Gruppe traditionell gekleideter Frauen und Kinder hebt die Gestalt hoch und trägt sie durch die Menge. „Oh, sie ist so schön wie die Sonne!“, ruft Alexandra Samotyagina, die Anführerin des Folkloreensembles Pavete, als die Gruppe ein Lied für diesen heiligen Tag singt. Als Höhepunkt der Maslenitsa-Woche wird die Puppe am Sonntag, dem letzten Tag der Feierlichkeiten, in Brand gesetzt, um den Winter zu verabschieden.