Russland

Zum Frauentag: Blumen und Ideale

„Am Frauentag bekomme ich normalerweise Blumen von meinem Vater.
Oder er kauft einen Kuchen für alle Frauen in unserer Familie.
Letztes Jahr in Tartu musste ich jedoch meine eigenen Blumen kaufen,
da niemand da war, der mir Blumen schenkte.
Außer Blumen gibt es keine Traditionen an diesem Tag bei uns, es ist nicht
einmal ein Feiertag. In Estland herrscht meiner Meinung nach immer noch
ein sehr traditionelles Rollenverständnis: Männer halten Frauen die Türe auf
und bieten Frauen zuerst einen Sitzplatz an.
Das ist natürlich schön und wir erwarten diese Manieren.
Aber gleichzeitig wollen wir Frauen auch gleichberechtigt behandelt werden –
das ist natürlich ein Widerspruch.“


Liisi Mölder ist 23 Jahre alt, studiert zur Zeit ein Auslandssemester
Russisch in Woronesch und wohnt sonst in Tallinn.


„In unsere Familie wird der Frauentag nicht sonderlich gefeiert.
Der Frauentag ist eine kommunistische Erfindung von Clara Zetkin.
Wir sind Gläubige, für uns ist dieser Tag einfach ein weiterer Feiertag.
Wenn ich jedoch etwas geschenkt bekomme, dann sind es entweder
Blumen oder Schokolade – von Männern, die noch Gentleman sind.
Von denen gibt es leider in Russland viel zu wenige. Wer hält denn
heute noch einer Frau die Türe auf oder steht im Bus auf?
Ansonsten fühle ich mich jedoch als Frau ganz wohl hier.
Ich kenne es aber natürlich auch nicht anders.
Wir Frauen müssen meiner Meinung nach vor allem im Haushalt viel
mehr arbeiten. In Europa kümmern sich manche Männer auch um
die Erziehung der Kinder – hier in Russland macht das kein Mann.“


Elizaveta Parshintceva ist 21 Jahre alt, wohnt in Woronesch und
studiert Betriebswirtschaftslehre.


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