Prag - Israels enger Verbündeter
Noch am Abend der Abstimmung in der UN-Vollversammlung in New York über den Beobachterstatus der Palästinenser klingelte bei Tschechiens Premier Petr Necas das Telefon. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu war am anderen Ende, um sich dafür zu bedanken, dass die Tschechen als einziges EU-Land hart geblieben waren und mit Nein gestimmt hatten. Tschechien sei der beste Verbündete, den das Land in Europa habe, lobte Netanjahu. Am heutigen Mittwoch würde er sich gern bei einer kurzen Stippvisite in Prag persönlich bedanken.
Welch ein Kontrast: Nach seinem Aufenthalt in Prag wird Netanjahu zu deutsch-israelischen Regierungskonsultationen in Berlin erwartet. Nicht nur, dass die Deutschen sich in New York lediglich der Stimme enthalten hatten, was der israelische Botschafter in Berlin am Dienstag in zwei Zeitungsinterviews bedauerte. Netanjahu wird sich zudem Vorhaltungen von Angela Merkel anhören müssen, dass das neue Siedlungsprogramm, das er als Reaktion auf die Aufwertung der Palästinenser angekündigt hat, den Verhandlungswillen Israels untergrabe.
Gemeinsame historische Erfahrungen
In Prag hat man die Entscheidung über die neuen Siedlungen nicht kommentiert. Aber man darf davon ausgehen, dass sie gebilligt wird. Woher kommt diese besondere Freundschaft zwischen Tschechen und Israelis? Weshalb nennt Netanjahu die Regierung in Prag „außergewöhnlich standhaft“?
Dazu muss man in die Geschichte zurückgehen und zum Begriff der „Appeasement“-Politik. Um Hitler in den 1930er Jahren zu besänftigen, opferten seinerzeit die Westmächte die damalige Tschechoslowakei. Die Tschechen haben heute den Eindruck, dass Israel einem imaginären Frieden in Nahost geopfert werden könnte. Das ist der ideologische Zusammenhang.
Frühe Hilfe beim Aufbau des israelischen Militärs
Es gibt aber auch einen praktischen Grund: Als Israel als Staat 1948 entstand, gehörte die Tschechoslowakei zu den wichtigsten Aufbauhelfern. Diese Hilfe erstreckte sich auch auf den militärischen Bereich.
Seinerzeit wurden unter dem Mantel strengster Verschwiegenheit an die 100 israelische Kampfpiloten in der Tschechoslowakei ausgebildet. Mehr noch: Prag liefert damals auf geheimen Wegen über Jugoslawien 25 Jagdflugzeuge nach Israel. Es handelte sich um umgebaute deutsche Flugzeuge vom Typ Messerschmitt. Sie bildeten den Grundstock für die spätere Luftwaffe Israels. Einer der Piloten, die damals die Maschinen nach Israel ausflogen, war der Flugschüler Ezer Weizmann. Weizmann wurde später Staatspräsident in Israel.
Prag umging damals ein internationales Waffenembargo, das sogar von den USA unter Präsident Truman noch verschärft und auf Flugzeugtechnik ausgeweitet wurde. Die Flugschülerausbildung fand auf Basen in der Nähe von Ceske Budejovice/Budweis, Olomouc/Olmütz und Hradec Kralove/Königgrätz statt. Die angehenden Piloten waren jüdische Freiwillige zumeist aus englischsprachigen Ländern, aber auch aus der Tschechoslowakei. Fast alle der Piloten kamen im israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948/49 zum Einsatz.
Israelis noch immer dankbar
Zwar schwenkte die sozialistische Tschechoslowakei später auf Geheiß Moskaus um, schlug sich auf die Seite der Palästinenser. Aber nach der Revolution 1989 führte einer der ersten Auslandsbesuche den neuen Präsidenten Vaclav Havel bewusst nach Israel.
In der israelischen Bevölkerung weiß man um die geschichtlichen Zusammenhänge, sagt der Historiker Zdenek Klima, der über die geheime Ausbildung der israelischen Piloten ein Buch geschrieben hat: „Die Hilfe der Tschechoslowakei gerade in den Anfangsjahren Israels gilt bis heute als unvergessen.“