Russland

Die Stars von Buranowo

Walentina Semjonownas Holzhaus hat neue Plastikfenster. Plastikfenster, die besser isolieren als die alten Holzrahmen, erfreuen sich derzeit großer Popularität in Russland. Wer auch nur etwas Geld beiseitelegen kann, tauscht seine Fenster aus, um es im Winter etwas wärmer zu haben.

Die Fenster zeigen, dass Walentina Semjonowna nicht irgendeine Dorfbewohnerin in Buranowo in der Republik Udmurtien, 1.000 Kilometer östlich von Moskau ist. Die 74-Jährige hat mit ihrer Gesangsgruppe „Buranowskije Babuschki“ im Mai den sensationellen zweiten Platz beim Eurovision Song Contest im aserbaidschanischen Baku gewonnen.

Schnell noch Kartoffeln ernten vor dem nächsten Auftritt

Jetzt ist sie eine Straße weiter, auf einen Sprung bei ihrer Kollegin Jekaterina Semjonowna. Eigentlich haben die beiden alten Frauen es eilig: schnell noch die Kartoffeln ernten und Kleidung waschen, denn am nächsten Morgen kommt ein Taxi, um sie zum Flughafen zu bringen. Es geht nach Moskau, wo sie einen Auftritt haben. Was genau sie in der Hauptstadt erwartet, wissen die Babuschki noch nicht: „Das sagt man uns dort.“

In Moskau sitzt auch das Management der Gruppe, die sich in Russland großer Popularität und Sympathie erfreut. Auf der Erfolgswelle der sympathischen Großmütter wollen viele mitreiten – zu viele, wenn es nach dem Management geht. Und so läuft gerade ein Rechtstreit darum, wer mit Slogans wie „aus Buranowo“ oder nach „Buranowoer Art“ für Fleisch, Würstchen oder Konserven werben darf.

Das ganze Dorf profitiert von den Spenden der Großmütter

Die Babuschki selbst stört dies nicht. „Uns fragt sowieso niemand“, geben die alten Damen lächelnd zu Protokoll. Wohl auch wegen solch offenherziger Aussagen sieht das Management es nicht gerne, wenn die Großmütter selbst mit der Presse sprechen. „Die meinen, wir erzählen zu viel Quatsch“, schmunzeln die Frauen.

Doch unterbinden lässt sich der Kontakt kaum. Nicht nur Pressevertreter finden den Weg ins kleine Dorf Buranowo, auch Fans aus aller Welt pilgern dorthin – und wenn die Babuschki nicht gerade auf Konzertreise sind, halten sie trotz Kartoffelernte mit allen gerne ein Schwätzchen. „Es ist aber auch ruhiger geworden seit Mai“, finden die Frauen. „Damals stand hier ein Kamerawagen hinter dem anderen auf der Dorfstraße.“

Die Dorfstraße ist seitdem ausgebessert worden – dank Spenden der „Buranowskije Babuschki“. Seinen berühmten Töchtern verdankt das Dorf außerdem ein neues Kulturzentrum, das sich gerade im Bau befindet. Und Pilger kommen nicht mehr nur wegen der Babuschki, sondern auch wegen einer wundertätigen Ikone der Matrona von Moskau, die die Gesangsgruppe geschenkt bekam. Noch ist sie in einem zu einer kleinen Kirche umfunktionierten ehemaligen Dorfladen untergebracht. Doch mit den Geldern aus Baku ist auch der Grundstein zu einer neuen Kirche für Buranowo gelegt. Schon im nächsten Sommer, hoffen die Großmütter, kann die Ikone dort eine neue Heimat finden.


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