Sportlich gegen Borat
Wer Kasachen ärgern will, speziell Politiker, der fragt sie nach Borat. Der britische Komiker Sacha Baron Cohen zeigte in seinem Pseudo-Dokumentarfilm von 2006 Kasachstan als hinterwäldlerisches, rassistisches und frauenfeindliches Land. Die ehemalige Sowjetrepublik versucht seitdem mit allen Mitteln zu beweisen, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Und jetzt soll auch der Fußball von Kasachstans Fortschritt künden.
Das Land, das an Russland, China und mehrere zentralasiatische Republiken grenzt, gilt als eines der rohstoffreichsten Länder der Welt. Im Vergleich zu den Nachbarn leben die 16 Millionen Kasachen tatsächlich wohlhabend, nach dem Ende der Sowjetunion baute das Land die unbedeutende Wüstenstadt Aqmola zur neuen Metropole und Hauptstadt Astana um.
Zum ersten Mal hörte die Welt von den sportlichen Ambitionen aus Zentralasien im Jahr 2006: Da erklärten gleich mehrere hochkarätige Radprofis, darunter Andreas Klöden, Matthias Kessler und Alexander Winokurow, sie wollten in der nächsten Saison für das „Team Astana“ fahren. Mit dem „Team Astana“ gewann der Spanier Alberto Contador 2009 und 2010 die Tour de France. Die Erfolge wurden allerdings von Doping-Skandalen überschattet, zudem stand das von kasachischen Staatsunternehmen gesponserte Team im Jahr 2009 kurzzeitig vor dem finanziellen Aus.
Das neue, moderne Kasachstan in der jungen Hauptstadt Astana. / Henryk Alff, n-ost
In diesem Jahr feierte Kasachstan bereits einen sportlichen Doppelerfolg: Es richtete die Asiatischen Winterspiele nicht nur aus – als viertes Land nach China, Japan und Süd-Korea – sondern holte auch die meisten Medaillen, darunter 32 goldene. Und Nursultan Nasarbajew, Präsident seit 20 Jahren, ließ es sich nicht nehmen, von den Olympischen Spielen 2022 zu träumen.
Die Infrastruktur für den fußballerischen Aufschwung baut das Land gerade auf: In Astana wurde 2009 ein neues Stadion für 30.000 Zuschauer eingeweiht, auch in den Regionen werden Fußballschulen und -stadien errichtet. Doch fußballerische Erfolge bleiben bisher aus, auch nach dem Wechsel des Landes aus der asiatischen Fußballföderation in die europäische im Jahr 2002. An dem niedrigen fußballerischen Niveau konnte auch der deutsche Trainer Bernd Storck nichts ändern. Er wurde nach vier Spielen in der EM-Qualifikation ohne Punkt und Tor im Oktober als kasachischer Nationaltrainer entlassen.
Kasachstan liegt heute auf Platz 132 in der FIFA-Weltrangliste, drei Plätze vor den Faröer-Inseln. Deshalb wirbt das Land um Russlanddeutsche, die seit Ende der 80er Jahre aus der Sowjetrepublik ausgewandert und heute in Deutschland Fußballprofis sind. Sergej Karimow vom VfL Wolfsburg und Heinrich Schmidtgal (Rot-Weiß Oberhausen) sind zwei, die sich überzeugen ließen und im vergangenen Jahr für Kasachstan aufliefen. Verletzungsbedingt sind sie am Samstag aber nicht dabei. Von Kasachstan aktiv umworben wird unter anderen Juri Judt vom 1. FC Nürnberg, geboren in der kasachischen Stadt Karaganda. Einem Einsatz für Kasachstan würde nicht im Weg stehen, dass Judt schon mehrere Spiele für die deutsche U-21-Nationalmannschaft absolviert hat. Die kasachische Liga wimmelt auch von anderen ausländischen Spielern, vor allem vom Balkan, die vor allem wegen der guten Verdienstmöglichkeiten in Kasachstan sind.
Im Eishockey ist das Land schon weiter: Der Hauptstadtclub „Barys Astana“ („Leoparden von Astana“) spielt in der von den Russen gegründeten „Kontinental Hockey League“ (KHL), wenn auch mit gemischtem Erfolg. Neben einigen Amerikanern und Tschechen ist der Star des Teams der Kanadier Kevin Dallman, dem es in Astana so gut gefällt, dass er nach seinem ersten Jahr bei den Leoparden mehrere Angebote aus der NHL ausschlug.
Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis die Kasachen den internationalen Sport so dominieren wie heute schon den kasachischen Nationalsport „Togyskumalak“. Die Weltmeisterschaft in diesem Brettspiel, das aus der Zeit stammt, als die Kasachen noch ein Nomadenvolk waren, fand im November 2010 in Astana statt. In einem harten Wettbewerb setzten sich die kasachischen Profis gegen ihre deutschen, amerikanischen und französischen Konkurrenten am Ende durch.