Kreml preist Abrüstungsvertrag
Der russische Außenminister Sergej Lawrow zeigte sich schon am Vorabend der Unterzeichnung des neuen START-Abrüstungsvertrages zufrieden. Der Vertrag sei das „erste Dokument dieser Art“, in dem absolute Parität festgeschrieben worden sei. Auch die russischen Fernsehkommentatoren waren des Lobes voll. Beide Seiten hätten Zugeständnisse gemacht, in einigen Punkten habe sich Russland gar durchgesetzt, hieß es etwa im Kanal NTW. So werde es in Zukunft weniger Inspektionen auf beiden Seiten geben. Amerikanische Inspektoren hätten ja in letzter Zeit schon bei den russischen Raketen übernachtet, scherzte der Kommentator. Dass der Zusammenhang zwischen strategischen Angriffswaffen und der Raketenabwehr in dem Vertrag festgeschrieben wurde, sei ebenfalls ein Erfolg.
Die russischen Medien stellten die Vorzüge des neuen Vertrags in den letzten Tagen stark heraus. Teile der politischen Elite, aber auch der Bevölkerung hatten bei Abrüstungsverträgen in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, Russland mache zu viele Zugeständnisse.
In der Präambel des neuen Abrüstungsvertrags wurde der Zusammenhang zwischen nuklearen strategischen Angriffswaffen und der Raketenabwehr zwar festgeschrieben, doch nach Medienberichten lässt die Formulierung Interpretationsmöglichkeiten zu. Für den russischen Außenminister Sergej Lawrow ist die Sacher klar. Er erklärte auf einer Pressekonferenz, der Zusammenhang zwischen strategischen Waffen und Raketenabwehr sei in einer „juristisch verpflichtenden Form“ im Vertrag verankert worden. Außerdem beziehe sich der neue START-Vertrag ausdrücklich auf das „bestehende Niveau der strategischen Raketenabwehr.“ Russland behalte sich das Recht vor, aus dem neuen Abrüstungsvertrag auszusteigen, wenn die von den USA entwickelte Raketenabwehr „qualitativ und quantitativ“ ein Niveau erreiche, „welches auf die Effektivität der russischen Nuklearwaffen Einfluss hat.“ Eine entsprechende Erklärung wollte die russische Seite nach der Vertragsunterzeichnung in Prag abgeben.
Die russische Verhandlungsdelegation, die den neuen Vertrag in einer Rekordzeit von nur elf Monaten mit der amerikanischen Seite aushandelte, hatte lange darum gerungen, dass die Verbindung zwischen Raketenabwehr und strategischen Waffen in dem Dokument verankert wird. Die Verhandlungen wurden in diesem Punkt hartnäckig geführt, kaum etwas drang nach außen. Medienberichten zufolge hatte die amerikanische Seite eine Erwähnung der Raketenabwehr in dem neuen Vertrag noch Ende März ablehnt.
Ob eine Stationierung von US-Abwehrraketen in Europa, wie sie zuletzt für Bulgarien und Rumänien im Gespräch war, den Geist des Vertrags verletzen würde, ist unklar. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte erklärt, dass die geplante amerikanische Raketenabwehr aus verschiedenen Etappen bestehe. Die erste Etappe mit regionalen Abwehrsystemen stelle „für Russland keine Gefahr“ dar. Etwas anderes sei es, wenn die US-Raketeabwehr „strategisches Niveau“ erreiche.
Das größte Problem aber dürfte zunächst die Ratifizierung des neuen Vertrags sein. Der russische Präsident Dmitri Medwedew erklärte in Prag, er hoffe, dass die Ratifizierung des START-Vertrags nun in Russland und den USA „synchron“ laufe. In der handzahmen russischen Duma dürfte die Ratifizierung kein Problem sein. In den USA dagegen ist dies schwieriger, denn den Demokraten fehlen im Senat acht Stimmen. Der Berater des russischen Präsidenten Sergej Prichodka erklärte, bei der Vertragsratifizierung bestehe „keine Eile“. Zwischen Russland und den USA gäbe es heute gute Beziehungen. „Wir vertrauen uns gegenseitig mehr als früher.“ Man habe nicht den Eindruck, dass die andere Seite Russland „reinlegen“ wolle. Bereits in den nächsten Tagen werde man damit beginnen, bei Senatoren und Regierungsmitgliedern in den USA Überzeugungsarbeit zu leisten, erklärte der Vorsitzende des Auswärtiges Ausschusses, Michail Margelow.