US-Vize Biden soll's richten
Das Schönste spart sich Vizepräsident Biden für den Schluss seiner dreitägigen Balkan-Tour auf – den Besuch in Kosovo. Im jüngsten Staat der Welt, der seine Unabhängigkeit maßgeblich der Unterstützung Washingtons verdankt, ist die Euphorie für die USA grenzenlos. „Danke, Amerika!“ heißt es schon jetzt auf riesigen Plakaten in der kosovarischen Hauptstadt Prishtina. Schulkinder werden am Donnerstag an der Straße vom Flughafen ins Stadtzentrum Spalier stehen.
Staatspräsident Fatmir Sejdiu will Biden mit der „Goldmedaille der Freiheit“, der höchsten Auszeichnung seines Landes ehren. Doch Prishtina hat auch Erwartungen an die USA: „Herr Vizepräsident, bitte verdoppeln Sie Ihre Anstrengungen für neue Anerkennungen von Kosovos Unabhängigkeit“, forderte die kosovarische Tageszeitung Koha Ditore. 58 Staaten haben Kosovo, von Ministerpräsident Hashim Thaci als „das pro-amerikanischste Land der Welt“ bezeichnet, bislang anerkannt.
Kosovo wird mit Sicherheit das schwierigste Thema bei den Gesprächen Bidens mit dem serbischen Präsidenten Boris Tadic in Belgrad am Mittwoch sein. Die Nato-Luftangriffe auf Serbien 1999 und die Forcierung der Kosovo-Unabhängigkeit durch die USA haben die Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf einen Tiefpunkt sinken lassen. Biden, der höchste US-amerikanische Gast in Serbien seit dem Besuch von Präsident Carter 1980 im damaligen Jugoslawien, will Belgrad nun einen Neuanfang in den Beziehungen anbieten.
„Wir hoffen, mit Serbien den Reset-Knopf drücken zu können“, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses. Die serbische Führung ist daran ebenfalls interessiert, auch wenn sie deutlich machte, dass es in der Kosovo-Frage nicht zu einer Annäherung kommen werde. Doch ausgerechnet Kosovo-Minister Goran Bogdanovic meinte, Bidens Besuch sei „eine Gelegenheit, dass sich unsere bilateralen, diplomatischen, politischen und anderen Beziehungen verbessern“. Vlajko Senic von der ebenfalls an der Regierung beteiligten Wirtschaftspartei G17 plus hofft sogar, dass der Besuch zu einer „vollständigen Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und den USA“ führen werde.
Davon will die nationalistische Opposition nichts wissen. Die Demokratische Partei Serbiens (DSS) des früheren Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica forderte von Biden stattdessen eine Entschuldigung, weil er sich für die Bombardierung Serbiens und die Unabhängigkeit Kosovos stark gemacht habe. Aleksandar Martinovic, Abgeordneter der Serbischen Radikalen Partei (SRS), nannte Biden gar „einen Verbrecher, der an den Ort des Verbrechens zurückkehrt“.
Begonnen hatte der US-amerikanische Vizepräsident seine Balkan-Tour am Dienstag in Bosnien und Herzegowina. Insbesondere die Bosniaken (bosnische Muslime) erwarteten von Biden ein klares Bekenntnis zur Souveränität und territorialen Einheit des Landes, das seit Kriegsende aus zwei Teilstaaten – der sogenannten bosniakisch-kroatischen Föderation und der Serbischen Republik (RS) – besteht. RS-Ministerpräsident Milorad Dodik, mit dem sich der US-Vizepräsident gestern zu einem Vier-Augen-Gespräch traf, hatte in letzter Zeit immer wieder mit der Abspaltung seiner Teilrepublik vom Gesamtstaat gedroht. Während Bidens Besuch demonstrierten Kriegsveteranen der einstigen Armee der bosnischen Serben friedlich „gegen die Einmischung der USA“ und „gegen die Angriffe von bosniakischen Politikern auf die RS“.