Nordzypern wählt ein neues Parlament
Am kommenden Sonntag (19. April) wählt die Türkische Republik Nordzypern (TRNZ) ein neues Parlament. Für die Republik Zypern und Griechenland sind es Pseudowahlen. Dennoch erwarten sie das Ergebnis mit Besorgnis, denn die sozialdemokratisch orientierte Regierungspartei Republikanische Türkische Partei (CTP) könnte die Abstimmung verlieren. Sie stützt Mehmet Ali Talat, den gemäßigten Führer der Zyperntürken. Mit dem Präsidenten der Republik Zypern, Dimitris Christofias, verhandelt er über eine Lösung der Zypernfrage, die seit der türkischen Invasion 1974 ungelöst ist.
Umfragen zufolge könnte die CTP auf 27 Prozent schrumpfen, bei den letzten Wahlen erreichte sie noch 44,5 Prozent. Ein Sieg der rechtsgerichteten Partei der Nationalen Einheit (UBP) von Dervis Eroglu zeichnet sich ab. Dessen Anhängerschaft besteht hauptsächlich aus türkischen Siedlern, die nach der Besetzung Nordzyperns durch türkische Truppen 1974 vor allem aus den armen Gebieten Anatoliens auf die Insel kamen. Sie machen die mit Abstand größte Wählergruppe aus.
Von den knapp 160.000 Abstimmungsberechtigten sind nur 62.000 türkische Zyprioten. 71 der 350 zur Wahl stehenden Kandidaten sind nach Angaben der nordzypriotischen Presse Siedler aus der Türkei. Die langjährige Kolonisierungspolitik der Türkei hat die türkischen Zyprioten, die seit Jahrhunderten auf der Insel ansässig sind, inzwischen zu einer Minderheit gemacht. Betrug ihre Zahl zum Zeitpunkt der Besatzung 1974 noch 118.000, schrumpfte sie bis 2004 auf 88.000. In der Mehrheit sind inzwischen die türkischen Siedler. Nach offiziellen Angaben aus dem Jahr 2004 sind es 160.000 Einwohner, inoffiziell rechnet man wegen den hohen Geburtenraten und der andauernde Migration aus der Türkei jedoch mit bis zu 300.000 Siedlern in Nordzypern.
Eine der sieben Parteien, die sich am Sonntag zur Wahl für die 50 Parlamentssitze stellen, überraschte Beobachter mit ihren Forderungen: „Yasemin“ verlangt den sofortigen Abzug der türkischen Armee und die Rückkehr der Siedler in ihre Heimat. Parteigründer ist der Verleger der oppositionellen Tageszeitung Afrika, Sener Levent.
Der türkisch-zypriotische Journalist und Politiker hat sich wiederholt gegen die türkische Kolonisierungspolitik gestellt und die Besatzungsmacht immer wieder hart kritisiert. Wegen seiner Ansichten wurde er in Nordzypern bereits verhaftet, zwei Bombenattentate überlebte er. Auch der Rolle der USA und Großbritaniens im Zypernkonflikt steht Levent kritisch gegenüber. Er lehnt den Annan-Plan ab, der vorsieht, Zypern zu einer Konföderation zweier selbständiger Teilstaaten zu machen. 2004 scheiterte der Plan in einem Referendum, weil die Zyperngriechen ihn ablehnten, während die türkischen Zyprioten im Norden mit Ja stimmten. Levent sieht die einzig mögliche Lösung des Konflikts in der Wiedervereinigung der Insel.