Serbien

Regierung droht mit Klagen im Gasstreit

Serbien leidet besonders unter dem Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine und verliert allmählich die Geduld. Das Balkanland, das fast vollständig von russischen Gaslieferungen über die ukrainische Transitroute abhängig ist, zieht inzwischen Klagen in Betracht. Die Regierung in Belgrad hat den staatlichen Versorger Srbijagas angewiesen, rechtliche Schritte gegen die Ukraine zu prüfen. Es sei „zum jetzigen Zeitpunkt vollkommen klar, dass die Ukraine die Hauptschuld trägt“, sagte Srbijagas-Direktor Dusan Bajatovic dem TV-Sender B92.

Über die Schuldfrage im Gasstreit herrscht in der serbischen Regierung aber offenbar Uneinigkeit. Denn laut Nikola Rajakovic, Chef des Krisenstabes der Regierung, gebe es „sehr gute Gründe, von Russland Schadenersatz zu fordern“. Das berichtet das Belgrader Internetportal e-novine. Dieser Meinung ist auch die serbische Energieexpertin Sijka Pistolova. Es gebe überhaupt keinen Anlass, die Ukraine zu verklagen, denn „Srbijagas hat keine Verträge mit ukrainischen Firmen unterschrieben, sondern mit Gazprom und deren Tochterfirmen“, sagte sie dem Radiosender Slobodna Evropa.

An einem Streit mit Moskau – ausgerechnet im Energiesektor – ist die serbische Regierung allerdings überhaupt nicht interessiert. Erst Ende 2008 hatte sie die Mehrheit an der staatlichen Erdölgesellschaft NIS zu einem Spottpreis an Gazprom verkauft. Im Gegenzug hatte der russische Monopolist dem Balkanland Energiesicherheit und die Verlegung der geplanten Gaspipeline Southstream über serbisches Territorium versprochen. Einen rechtlich bindenden Vertrag für diese Zusagen gibt es allerdings nicht.

Serbien bekommt seit Dienstag letzter Woche kein russisches Gas mehr und wird derzeit in eingeschränktem Umfang aus Reserven in Deutschland und Ungarn versorgt. Dafür zahlt Srbijagas täglich 2,5 Millionen US-Dollar – 250.000 US-Dollar mehr als bei regulären Lieferungen. Auch die Wirtschaft wird vom Gaslieferstopp immer stärker in Mitleidenschaft gezogen, viele Betriebe mussten ihre Produktion reduzieren. Bis Ende der Woche rechnet der serbische Arbeitgeberverband mit Verlusten in Höhe von über 20 Millionen Euro.

In Bosnien und Herzegowina, das zu 100 Prozent von Gas aus Russland abhängt und über keinerlei Reserven verfügt, ist bislang noch nichts von möglichen Klagen bekannt geworden, schon gar nicht gegen Russland. Denn der Spielraum dafür ist mehr als gering, hat doch das Land bei Gazprom offene Rechnungen in der Höhe von 104,8 Millionen US-Dollar. Der russische Energiemonopolist hatte dies bislang allerdings nie zum Anlass genommen, die Lieferungen einzustellen.

Dank eines Vertrages mit der deutschen E.ON ist die Gasversorgung für Bosnien und Herzegowina bis Freitag gesichert. Ohne eine Verlängerung der Vereinbarung bleiben die Heizungen von Hunderttausenden von Menschen möglicherweise erneut kalt, sollten sich Moskau und Kiew nicht einigen.


Weitere Artikel