Wirtschaft von der Gaskrise schwer betroffen
Die Meldung Gazproms über den Lieferstopp am Dienstag um 3.30 Uhr versetzte Bulgarien in einen Notstand. Über alternative Transitwege für Gaslieferungen verfügt das Land nicht, im einzigen Speicher Tschiren lagern 700 Millionen Kubikmeter Gas. Deshalb kann der bulgarische Monopolist Bulgargas täglich lediglich 45 Prozent des normalen Bedarfs für ein paar Monate sichern.
„Die bulgarische Industrie ist auf einem Tiefstand”, sagte der Exekutivleiter des Bundes der bulgarischen Arbeitgeber und Industriellen Evgenij Iwanov. 72 Betriebe wurden geschlossen. Darunter auch ganz moderne Unternehmen wie der mit EU-Mitteln subventionierte Hühnerschlachthof AG Dobritsch. Tausende Euro wird der Schlachthof wegen der Gaspause als Verlust abschreiben müssen. Ganze Produktionen von den Fließbändern der Lebensmittel- und Phamazeutischen Betriebe wurden wegen des unterbrochenen Produktionszyklus unbrauchbar. In manchen Firmen wurden 90 Prozent des Personals vorübergehend beurlaubt.
Weil Fernwärme- und andere Indutriebetriebe ihre Energieversorgung auf Erdölprodukte umstellen mussten, kam es zu mehreren Havarien. So ließ eine Panne des Fernwärmeversorgers Toplofikazija Burgas 30 000 Haushalte ohne Heizung dastehen. Bei einem der größten Chemieproduzenten, dem Werk für Kunstdüngemittel Nochim, wäre es beinahe zu einer Explosion gekommen. Die Evakuierung der ganzen Stadt Dimitrovgrad war schon vorbereitet, konnte aber noch abgewendet werden.
Die Gasnotlage dürfte nun noch die Wirtschafts- und Finanzkrise in Bulgarien vertiefen. Viele Banken zeigten sich schon besorgt, dass die von der Gaskrise betroffenen Unternehmen ihre Kredite nicht weiter abzahlen werden können. Zusätzlich wurde gestern bekannt, dass die Industrie bereits im November einen Rückgang von 8,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete.Die Wirtschaft wirft der Regierung nun wichtige Versäumnisse vor. Rechtzeitige Investitionen im Speicher Tschiren, alternative Transitwege über die Türkei sowie das Errichten eines Terminals für flüssiges Gas hätten die Gaskrise zumindest abschwächen können. Der Bund der bulgarischen Arbeitgeber und Industriellen schätzt die Verluste auf 250 Millionen Euro und fordert vom Anbieter Bulgargas, dass dieser für die Schäden haftet.