Kreml-Kritiker wird Gouverneur
Dmitri Medwedew lockt einen der bekanntesten Oppositionspolitiker auf einen Verwalter-Posten in der Provinz
(n-ost) - Russlands Präsident Dmitri Medwedew hat schon häufig erklärt, es müsse in Russland mehr Freiheit geben. Einen ersten, kleinen Schritt wagt der Kreml-Chef nun auf dem Gebiet der Personalpolitik. Einer der bekanntesten russischen Oppositionspolitiker, Nikita Belych, soll Gouverneur der wirtschaftlich angeschlagenen Region Kirow werden. In dem drei Flugstunden östlich von Moskau gelegenen Gebiet leben eineinhalb Millionen Menschen.Noch vor einem Jahr hatte sich Belych Seite an Seite mit dem harten Kreml-Kritiker und ex-Schachweltmeister Garri Kasparow am „Marsch der Unzufriedenen“ beteiligt. Mit dem Engagement für die Opposition scheint es für Belych nun vorbei zu sein. Für seine Freunde von der Opposition kommt die Entscheidung, den Gouverneurs-Posten anzunehmen, nicht völlig überraschend. Er habe sich immer ein bisschen unwohl gefühlt als „harter Oppositioneller“, sagte die Alt-Liberale Irina Chakamada.Dem 33jährigen Belych, der bis September 2007 Vorsitzender der inzwischen aufgelösten rechtsliberalen „Union der Rechten Kräfte“ (SPS) war, ist der Verwalter-Posten nicht fremd. 2004 war Belych bereits stellvertretender Gouverneur im Gebiet Perm. Der ehemalige Oppositionelle, der Mitte Januar seinen neuen Posten antreten wird, erklärte, dass er seine liberalen Überzeugungen nicht aufgebe. Auf die Rechtsstaatlichkeit im Kirow-Gebiet werde er ein besonderes Augenmerk legen. Den bekannten Menschenrechtler Lew Ponomarjow will Belych zu einem seiner Berater machen.Russische Zeitungskommentatoren schrieben gestern, es sei dem Kreml durchaus recht, wenn die Opposition bekannte Köpfe verliert, denn die harten Oppositionellen aus dem liberalen Lager würden versuchen, die sozialen Auswirkungen der Finanzkrise für sich zu nutzen. Möglicherweise werde im Frühjahr, wenn es zu Massenentlassungen kommt, der Ruf nach Neuwahlen laut. Die konservative „Nesawisimaja Gaseta“ zumindest glaubt, dass die ungewöhnliche Personal-Entscheidung von Medwedew durch die Finanzkrise beschleunigt wurde.Bisher gehörte Belych zu dem Kreis der Kreml-Kritiker um Boris Nemzow und ex-Schachweltmeister Garri Kasparow, die am kommenden Wochenende die neue Oppositionspartei „Solidarnost“ gründen wollen. Der Name der neuen Partei ist dem Namen der bekannten polnischen Gewerkschaft entlehnt. Nun muss die Opposition ohne Belych auskommen. „Man kann nicht morgens bei der Planungs-Besprechung im Kreml sitzen und abends im Präsidium der Oppositionspartei“, sagte Ilja Jaschin, Mitglied der Partei Jabloko und einer der Gründer von Solidarnost. Allerdings gebe es Anlass zur der Hoffnung, dass Belych als Gouverneur seinen Überzeugungen treu bleibe. Es sei ja nicht schlecht, einen befreundeten Gouverneur zu haben, erklärte Jaschin.
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