Russland

Mildes Urteil für Skinheads verlangt

Geschworene verlangen im Prozess um den Mord an 19 ausländischen Gastarbeitern ein mildes Urteil

(n-ost) - Im Prozess gegen die Ryno-Bande, die wegen 19 Morden und 13 Überfällen gegen Gastarbeiter aus Zentralasien und dem Kaukasus vor dem Moskauer Stadtgericht steht, fällten die Geschworenen nach mehrtägigen Beratungen in dieser Woche ihr Urteil. Weil der Großteil der Skinheads zur Tatzeit minderjährig war, plädierten die Geschworenen für geringe Strafen und setzten sich damit über die Meinung des Staatsanwalts hinweg, der gemahnt hatte, keine mildernden Umstände gelten zu lassen. Zu der Skinhead-Gruppe gehören Jugendliche im Alter zwischen 15 und 22 Jahren, die in der russischen Presse nach einem ihrem Anführer „Ryno-Bande“ genannt werden. Der Ikonen-Maler Artur Ryno und der Sportstudent Pawel Skatschewski hatten die nächtlichen Überfälle auf Menschen mit nicht-slawischem Äußeren organisiert. Die neun Skinheads stehen wegen Mord, Mordversuch und Aufstachelung zum Hass zwischen den Nationalitäten vor Gericht. Wie der Banden-Führer Pawel Skatschewski erklärte, habe man an Geld und Wertsachen der Opfer kein Interesse gehabt. „Ich bin ein russischer Soldat und kein Plünderer. Ich bin ein Soldat, der seine Stadt von Okkupanten reinigt“, sagte Skatschewski.Während des Prozesses stellte sich heraus, das der Vater von Artur Ryno zu einer im russischen Fernen Osten lebenden Minderheit, den Tschuktschen gehört. „Mein Vater hat die Familie verlassen, die Mutter war ständig auf der Arbeit und die Nachbarn in unserer Gemeinschaftswohnung waren Kaukasier, mit denen ich ständig Konflikte hatte“, berichtete Banden-Führer Ryno, der seit dem Alter von drei Jahren allein von seiner Mutter großgezogen wurde.Mit den Morden an Asiaten und Kaukasiern wollte die konspirativ arbeitende Gruppe, der ausschließlich Studenten angehörten, Panik unter den etwa zwei Millionen Migranten in Moskau auslösen. Da die Medien nicht über ihre Überfälle berichteten, seien sie dazu übergegangen, mehrere Morde am Tag zu begehen, berichteten die Skinheads vor Gericht.Nach dem Urteil der Geschworenen sollen fünf der neun Angeklagten wegen „mildernder Umstände“ nur die gesetzliche Mindeststrafe bekommen, zwei Angeklagte, unter anderem die 22-jährige Swetlana Awwakumowa, welche die Überfälle mit einem Handy filmte und dann ins Internet stellte, müssten freigesprochen werden, da man ihnen die Tat nicht nachweisen könne. Nur für die beiden Anführer der Skinhead-Gruppe wollten die Geschworenen keine mildernden Umstände geltend lassen.Die Mitglieder der Ryno-Bande unterhielten sich während der Urteilsverkündung und verfolgten den Prozess ohne große Aufmerksamkeit. Sie waren sich offensichtlich von Anfang an sicher, dass man sie wegen Minderjährigkeit nicht hart bestrafen werde, denn auch die Kolonitschenko-Bande, eine andere 13-köpfige Skinhead-Gruppe, gegen die das Moskauer Stadtgericht im September sein Urteil fällte, kam mit milden Strafen davon. Für insgesamt zwei Morde wurden zwischen drei und zehn Jahren Arbeitslager verhängt.Am Donnerstag wollen sich die Anwälte der Angeklagten zu dem Urteil der Geschworenen äußern. Danach gibt das Gericht den Termin für die Urteilsverkündung bekannt.


ENDE

Nachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 259 32 83 - 0


Weitere Artikel