Erdgas für Russland oder Europa?
Vor dem Treffen des Präsidenten von Turkmenistan Gurbankuly Bedymuchammedow mit seinem türkischen Kollegen Abdullah Gül und dem aserbaidschanischen Kollegen Ilham Alijew gab es viel Wirbel um das Gaspipeline-Projekt Nabucco. Auf verschiedenen Konferenzen und Gipfeltreffen im November wurde das Projekt von den beteiligten Ländern immer wieder befürwortet, von Energiefirmen unterstützt. Doch es hatte schon immer einen starken Gegner – Russland. Um Nabucco zu verhindern, hat Moskau in den vergangenen Jahren viel unternommen. Mit Unterstützung Bulgariens, Serbiens und Griechenlands plant es eine Alternative zu Nabucco – das so genannte South-Stream.
Moskau versucht außerdem, mit der so genannten „Gas-OPEC“ ein Monopol im Gasbereich zu schaffen. Im Jahre 2004 hatten 15 Länder, die über große Mengen Erdgas verfügen, vereinbart, ein gemeinsames Zentrum zu schaffen, um die Interessen dieser Länder auf dem globalen Gasmarkt zu vertreten. Zu den Ländern, die diese Initiative unterstützen, gehören neben Russland und Iran mehrere Staaten Afrikas und Lateinamerikas. Russland, mit Unterstützung Irans, Katars und Venezuelas, will die Bildung der „Gas-OPEC“ leiten.
In den USA und den europäischen Ländern wurde diese Initiative scharf kritisiert. Abgesehen davon, dass die Bildung eines Gas-Monopols die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen noch weiter erhöhen würde, könnte die „Gas-OPEC“ die europäisch-amerikanischen Pläne für die Diversifikation der Lieferung der Rohrstoffe aus Zentralasien erheblich stören. Denn mit dem Zusammenschluss der erdgasreichen Länder will Moskau die Gasressourcen der zentralasiatischen Länder weiter kontrollieren.Nabucco soll knapp fünf Milliarden Euro kosten. Die Pipeline soll zentralasiatisches Gas über die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich befördern. Zunächst ist die Förderung aserbaidschanischen Gases dafür geplant. Das ist jedoch nicht genug, um diese Pipeline zu füllen. Deshalb soll auch Gas aus Turkmenistan fließen.
Turkmenistan hatte bis jetzt keine Pipelines, die das turkmenische Gas beispielsweise nach Europa bringen könnten. Deswegen ist immer noch die alte sowjetische Pipeline in Gebrauch, die über Kasachstan und Russland läuft. Dieses Dilemma Turkmenistans benutzt Moskau für seine eigenen Interessen und kämpft stets dagegen, dass Turkmenistan Angebote annimmt, sein Gas auch in andere Länder als Russland zu liefern.
Trotzdem konnte der Kreml nicht verhindern, dass die Regierung in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat im vergangenen Jahr mit Peking einen Vertrag über den Bau einer Gaspipeline abschloss: Dadurch wird turkmenisches Gas nun auch nach China befördert. 2007 wurden zugleich die Verträge über die Beförderung turkmenischen Gases zwischen Russland, Turkmenistan und Kasachstan unterzeichnet: Diesem Vertrag zufolge soll eine kaspische Gaspipeline aufgebaut werden, durch die das turkmenische Gas verstärkt über Kasachstan nach Russland befördert werden kann. Die EU und die USA hoffen dennoch, dass wenigstens ein Teil des turkmenischen Gases nach Europa fließen wird und dass auch Usbekistan in Zukunft das Nabucco-Projekt unterstützt. Der Ausstieg Usbekistans aus der pro-russischen Organisation Eurasische Wirtschaftsgemeinde (EAWG) verstärkt diese Hoffnung des Westens.
Beim Gipfel morgen in Turkmenbaschi wird es darum gehen, den turkmenischen Präsidenten Berdymuchammedow für Nabucco zu gewinnen. Gelingt dies nicht, so wäre dies ein Indiz dafür, dass der turkmenische Führer weiter zwischen den Mächtigen der Welt manövrieren will, ohne sich festzulegen. Die letztere Variante halten viele Experten für die realisitische.