Russland

Finanzkrise schlägt auf das Geschäft deutscher Unternehmer

Ein Drittel der im Russland-Geschäft tätigen deutschen Unternehmen sieht die Auswirkungen der Finanzkrise mit „großer Besorgnis“

(n-ost) – Ins Schlingern kommt der deutsch-russische Wirtschaftstanker noch nicht, aber für alle Fälle legt man schon mal die Schwimmwesten an. So kann man in etwa die Stimmung unter den im Russland-Geschäft tätigen deutschen Unternehmen beschreiben. Nach einer von der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) Anfang November durchgeführten Umfrage gibt es bei 30 Prozent der im Russland-Geschäft tätigen deutschen Unternehmen wegen den Auswirkungen der Finanzkrise „große Besorgnis“, eine Panikstimmung gäbe es aber – so die AHK – nicht.Noch im September hatte die AHK in einer ersten Umfrage ermittelt, dass die Auswirkungen der Finanzkrise auf die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen „kaum wahrnehmbar“ sind. Nun, bei einer zweiten, Anfang November unter dreißig großen Unternehmen durchgeführten Umfrage, stellt sich das Bild nach Meinung der Kammer „wesentlich negativer“ dar. 43 Prozent der aus unterschiedlichen Branchen befragten Unternehmen gehen von einem negativen Einfluss der Finanzkrise auf ihre Geschäftstätigkeit aus. 21 Prozent der Firmen nehmen eine leichte Verschlechterung an. Immerhin 36 Prozent spüren keinerlei Auswirkung auf ihr Geschäft.Die Probleme zeigten sich insbesondere bei der Reduzierung des Absatzes (Nennungen: 20 Prozent), der Verschlechterung der Kundenbeziehungen (18 Prozent) und Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme (18 Prozent). 22 Prozent der befragten Unternehmen sind gezwungen, ihre Ausgaben zu reduzieren.Hauptursache der Krise in Russland sind die mangelnde Liquidität sowohl staatlicher Träger als auch privater Unternehmen und die deutliche Verschlechterung der Kreditbedingungen, die wiederum unmittelbare Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit russischer Partner habe.Die in Russland tätigen deutschen Firmen reagieren unterschiedlich auf die Krise. Einige frieren Investitionsprojekte ein (16 Prozent), andere Firmen planen mit neuen Produkten auf den Markt zu gehen. Trotz des Geschäftsrückgangs denken 56 Prozent der befragten Unternehmen, dass Russland für Investoren nach wie vor attraktiv bleibt.Dr. Michail Logwinow, der die bayerische Wirtschaft in Moskau vertritt, erklärte gegenüber dieser Zeitung, die vom russischen Staat bereit gestellten Stützungsgelder kämen oft nicht in den Betrieben an – ein Problem das auch Präsident Medwedew schon erkannt habe. Die Gefahr eines totalen Einbruchs sieht Logwinow allerdings nicht.Bei Neugründungen von bayerischen Betrieben in Russland werde man nun wohl von einer geringeren Kapazität ausgehen. Bayern ist mit einem Anteil von 8,5 Mrd. Euro im Jahr 2007 die Lokomotive im Russland-Geschäft. Mehrere bayerische Unternehmen wie Knauf  und Joghurt Erdmann haben in Russland Fertigungsstätten. Die bayerischen Unternehmer haben sich als ziemlich standhaft erwiesen. Bei der russischen Finanzkrise 1998 – damals verlor der Rubel ein Drittel seines Wertes – habe sich „keiner der bayerischen Unternehmer aus Russland zurückgezogen“, so Logwinow.Auch Dr. Manfred Liebl, Beauftragter der sächsischen Wirtschaft in Moskau, sieht die Situation nicht durchweg negativ. Der für die sächsische Wirtschaft wichtige Sektor der russischen Automobilindustrie werde in den nächsten zehn Jahren wichtig bleiben, „auch wenn es jetzt eine Delle gibt.“ Liebl geht davon aus, dass sich der russische Automobil-Sektor schneller von der Krise erholt als der deutsche. Aus der Krise ergäben sich durchaus neue Aufträge. So arbeiten im Kamaz-Lastwagen-Werk in der russischen Teilrepublik Tatarstan zur Zeit 20 Ingenieure daran, den Fertigungsprozess bei Kamaz an die geringere Produktionszahl anzupassen. Statt 155.000 Lastwagen produziert der LKW-Hersteller zur Zeit nur 55.000 Fahrzeuge im Jahr. Daraus ergeben sich Aufträge für sächsische Firmen, etwa bei der Einrichtung moderner Lagerhaltung und Logistik.Bis zur Krise stand Sachsen ziemlich gut da im Russland-Geschäft. Der Export aus dem südöstlichen Bundesland nach Russland stieg im ersten Halbjahr 2008 gegenüber dem ersten Halbjahr 2007 um 37,7 Prozent. Er lag damit über der Steigerung des deutsch-russischen Handels, der für diesen Zeitraum eine Steigerung von 23 Prozent erlebte. Die Stimmung der sächsischen Firmen, die im Russland-Geschäft aktiv sind, sei besser als die Stimmung, die zur Zeit bei der deutschen Wirtschaft insgesamt herrsche, so der Vertreter der sächsischen Wirtschaft in Moskau.
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