Das grüne Herz des Fürsten
(n-ost) – Noch sieht es im Neuen Schloss im Muskauer Park mehr nach Baustelle als nach fürstlicher Residenz aus. Doch am Ambiente wird „unter Volldampf“ gearbeitet, sagt Cord Panning, Geschäftsführer der Stiftung Fürst-Pückler-Park Bad Muskau. Schließlich wird in wenigen Tagen, am 13. September, im Südflügel die neue Dauerausstellung eröffnet. „Pückler! Pückler? Einfach nicht zu fassen“ lautet der Titel – denn Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785-1871), der Gartenkünstler und Schriftsteller, seinen Zeitgenossen als Dandy und Exzentriker wohl bekannt, passt in keine Schublade.Pückler? So heißt auch eine Eissorte. Obwohl Fürst Pückler dem Konditormeister, der das dreifarbige Dessert kreiert hat, seinen Namen nur geliehen hat. In der Berliner Gesellschaft war der Fürst seinerzeit als Lebemann bekannt, der im von Hirschen gezogenen Gespann über den Kurfürstendamm fuhr. Er unternahm ausgedehnte Reisen durch Europa, Afrika und den Nahen Osten, machte sich einen Namen als Reiseschriftsteller - und schrieb als genialer Landschaftsgestalter Gartengeschichte.Spaziergänger sind im Muskauer Park unterwegs. Mit seiner "Naturmalerei" wollte Pückler mit jedem Schritt immer neue Ansichten im Park schaffen. Foto: Gunnar SchulzeDer Muskauer Park, an der Lausitzer Neiße zwischen Cottbus und Görlitz gelegen, ist sein Hauptwerk. Von 1815 an entstand auf 830 Hektar ein Landschaftspark nach englischem Vorbild, der zu den bedeutendsten des Kontinents zählt. Dafür nahm Pückler weder auf die karge Landschaft noch auf das eigene Budget Rücksicht. Auf sein Geheiß musste ein Dorf umziehen und die Neiße ihren Lauf ändern. Er ließ ausgewachsene Bäume versetzen und inszenierte einen perfekten Naturraum. Das hatte seinen Preis: Für Muskau verbrauchte Pückler sein Vermögen sowie das seiner Gattin Lucie. Schließlich ließ er sich zum Schein scheiden, ging in England auf Brautschau und umgarnte vermögende Damen - ohne Erfolg. 1845 musste der Fürst Muskau verkaufen.Sein Lebensweg und Werk werden in der neuen Dauerausstellung in Bad Muskau präsentiert. Damit, sagt Cord Panning, habe der Park nun einen zentralen Ort und eine Anlaufstelle für Touristen. Rund 235 000 Gäste kamen im vergangenen Jahr – seit dem Ritterschlag zum UNESCO-Weltkulturerbe 2004 gingen die Zahlen nach oben.Unterhaltsam soll die Schau sein, ohne ins Episodenhafte abzugleiten. Da wird Pücklers Familiengeschichte in einer Moritat besungen, debattieren Zeitgenossen wie Goethe und E.T.A. Hoffmann in einem fiktiven Salon, filmisch nachgestellt für die Videoleinwand. Da wird der schillernde Pückler in seine Facetten zerlegt – auf Deutsch und Polnisch, teils auch auf Englisch.Per Kutsche lässt sich der Park bequem er-fahren. Im Hintergrund das Alte und das Neue Schloss. Foto: Gunnar Schulze
Viel zum Hören und Anfassen bietet die Schau. Vielleicht setzt sich Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich mit dem polnischen Kulturminister Bogdan Zdrojewski bei der Eröffnung in eine der Kutschen, die auf Schienen die „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ durchfahren – mannshohe Seiten stehen für das Buch, in dem Pückler seinen Park beschrieb.Und vielleicht bedient Bernd Neumann, Bundesbeauftragter für Kultur und Medien, den Liebesbrief-o-mat – eine Maschine, die Briefe aus Textversatzstücken zusammenfügt, je nach Gusto mit einer Prise Sehnsucht oder einem Quäntchen Eifersucht. Die Idee, erzählt Siegfried Kohlschmidt, lieferte eine Notiz des Fürsten: „Alte Liebesbriefe – bei Bedarf wieder zu verwenden.“ Kohlschmidt war 30 Jahre lang Kustos im Branitzer Park bei Cottbus, Pücklers Spätwerk. „Was wir machen, ist eigentlich Theater“, sagt der Pückler-Kenner, der die Ausstellung mitgestaltet hat.Die Macher mussten bei Null anfangen. Das Schloss wurde in den letzten Kriegstagen 1945 durch Brandstiftung zerstört, die Ausstattung war komplett verloren. Die DDR überdauerte der Bau als Ruine: „Man konnte vom Keller bis in den Himmel schauen“, sagt Panning. Seit 1996 wird saniert, rund 14 Millionen Euro hat der Freistaat Sachsen bisher investiert. 2011 soll alles fertig sein. Panning ist froh, dass kein Hotel eingerichtet wurde: „Es gab sogar Leute, die ein Spielcasino vorgeschlagen haben.“ Die Einheit von Park und Schloss wird nun nicht von Parkplätzen zerstört.Im Rittersaal des Neuen Schlosses werden letzte Malerarbeiten erledigt. In dem Raum war einst die Bibliothek der Familie von Arnim untergebracht, ihr gehörte bis zur Enteignung nach dem Zweiten Weltkrieg das Schloss. Foto: Gunnar SchulzeAn der Einheit des Parks wird aber weiter gearbeitet. Seit 1945 ist der Muskauer Park in einen deutschen und einen polnischen Teil geteilt. Viele Jahre lang bildete die Neiße eine unüberwindliche Grenze – eine Ironie der Geschichte, denn Pückler verstand den Fluss als verbindendes Element, der so gut in den Park eingebettet ist, dass man ihn oft gar nicht sieht.Die beiden Neißequerungen waren im Krieg zerstört worden, eine ist bereits wieder auferstanden: Die Doppelbrücke wurde am 1. Mai 2004 zum EU-Beitritt Polens feierlich eingeweiht. Cord Panning ist darüber froh, denn zuvor mussten Besucher über den Grenzübergang, vorbei am größten Markt der deutsch-polnischen Grenze in Leknica (Lugknitz), an billigen Zigaretten und gefälschter Markenkleidung. Seit Dezember 2007 werden nun nicht einmal mehr die Ausweise kontrolliert.Zu Zeiten von DDR und Volksrepublik fiel Pücklers Werk, trotz aller Bemühungen, dem Wildwuchs anheim. Seit 1988 arbeiten Experten länderübergreifend an der Wiederherstellung - ein Vorzeigeprojekt der internationalen Gartendenkmalpflege. „Ohne Zusammenarbeit könnte man hier nichts erreichen. Wenn ich zum Beispiel eine Sichtachse öffne, dann kann diese nicht an der Neiße enden“, sagt Barbara Iwlew, Direktorin der Abteilung des Nationalen Zentrums zur Untersuchung und Dokumentation von historischen Denkmälern in Leknica (Krajowy Osrodek Badan i Dokumentacji Zabytkow - KOBiDZ).Das Neue Schloss ist das zentrale Gebäude im Muskauer Park. Nach Nord- und Südflügel soll bis 2011 nun noch der Westflügel fertig gestellt werden. Foto: André KurtasEin Drittel der Parkfläche liegt in Deutschland, zwei Drittel in Polen. Dort ist in puncto Wegebau einiges nachzuholen, doch der wild-natürliche Charakter des polnischen Teils hat viele Liebhaber, sagt die KOBiDZ-Chefin. Einen Ort für Besucher soll es auch in Polen geben. Vielleicht, hofft Iwlew, findet sich ein Investor, der auf dem früheren Baumschulgelände ein Café betreibt. Und wenn die Englische Brücke neu gebaut wird, könnte auch das Englische Haus, das einst hungrigen Spaziergängern eine Einkehr bot, wieder auferstehen.Für Panning und sein „emotionales Gärtnerherz“ wäre das ein Traum – wie weiland der Fürst mit der Kutsche durch den Park zu fahren, über eine Brücke auf die andere Neißeseite und über die zweite wieder zurück: „ Da gibt es tolle Sichten zu entdecken. Mit der Englischen Brücke würde der Park so verklammert, wie Pückler es sich vorgestellt hat.“ Doch er weiß, dass Geduld gefragt ist: Bis die Doppelbrücke eröffnet wurde, gingen schließlich schon fast zehn Jahre ins Land.
Hintergrund:Den Kurortstatus verdankt Bad Muskau dem privat betriebenen Moorbad. Derzeit wird ein neues Gebäude für die Kureinrichtung gebaut, das im kommenden Jahr am Marktplatz den Betrieb aufnehmen soll. Dann zieht das Bad aus dem denkmalgeschützten Kavalierhaus im Muskauer Park aus.
Rund 50 Kilometer Wege führen durch den Park. Auf der deutschen und der polnischen Seite werden Kutschfahrten angeboten, im Schlossvorwerk auf der deutschen Seite gibt es einen Fahrradverleih. Seit diesem Sommer ist es möglich, den Park mit Schlauchbooten auf der Neiße zu durchfahren.
Anfahrt von Richtung Berlin über die Autobahn A 13 bis Dreieck Spreewald, dann A 15 Richtung Cottbus, Abfahrt Roggosen, weiter über die Bundesstraße B 115 Richtung Bad Muskau. Von Dresden über die A 4 bis zur Abfahrt Bautzen-Ost, weiter über die B 156 Richtung Bad Muskau.
Informationen im Internet: www.muskauer-park.de
ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 259 32 83 - 0