Russland

Drohgebärden gegen die Nachbarn

Christian Wipperfürth analysiert die russische GUS-Politik abseits der gängigen Klischees(n-ost) – Die in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zusammengeschlossenen Republiken der ehemaligen Sowjetunion befinden sich politisch, wirtschaftlich und sozial im Neuaufbau. Aber die GUS ist als Organisation nicht in der Lage, den Mitgliedsländern zu Wohlstand zu verhelfen und Territorialkonflikte zu vermeiden. In dieser Situation kommt der russischen GUS-Politik eine besonders wichtige Rolle zu. Welche Ziele verfolgt sie, und welcher Mittel bedient sie sich? Betreibt Putins Russland nach außen zunehmend eine Droh- und Machtpolitik, die für nahe und ferne Länder eine wachsende Gefahr darstellt? Werden Russland und der Westen künftig als Partner fungieren, oder gehen beide Seiten dazu über, sich als Konkurrenten oder gar als Gegner zu betrachten? Diese breite Fragestellung bildet die Grundlage für das neue Buch des deutschen Politologen Christian Wipperfürth „Russland und seine GUS-Nachbarn“. Im Mittelpunkt stehen die Entwicklungen in der GUS zwischen Herbst 2004 und Frühjahr 2007. Sie sind in einen weiteren Rahmen eingebettet: So analysiert der Autor die GUS-Politik auch während der 1990er Jahre und Putins erster Amtszeit, geopolitisch berücksichtigt er den Einfluss der EU sowie der außereuropäischen Akteure USA, China und Türkei. Besonders ausführlich werden die Beziehungen zwischen Russland und Georgien sowie der Ukraine dargestellt und analysiert. Nicht ohne Grund kritisiert der Autor, die westliche Sicht auf russische Außenpolitik werde oft stark von Emotionen und reflexartigen Denkmustern bestimmt. Die Bemühungen des Autors, die russische GUS-Politik vielmehr aus der russischen Position heraus zu deuten, ermöglichen tiefere Einsichten in die Motive und Hintergründe russischen Vorgehens. Der Autor stützt sich auf eine breite Palette von Quellen in mehreren Sprachen und verwendet unter anderem die Ergebnisse von Meinungsumfragen in Russland. Weil das Land als Energielieferant von Westeuropa nur unter großem Aufwand zu ersetzen wäre, nehmen die Themen Öl und Gas in diesem Buch einen prominenten Platz ein.Ein ruhiges außenpolitisches Umfeld, das die Stabilität und Entwicklung des eigenen Staates ermöglicht, sei das übergeordnete Ziel russischer Politik, so Wipperfürth. Daraus resultieren die folgenden Leitlinien: prinzipielle Stützung bestehender Regime, Abbau von Spannungen zwischen anderen GUS-Ländern sowie Stärkung des politischen Einflusses im GUS-Raum. Die erste Leitlinie trifft zwar auf die zentralasiatischen Staaten zu, in Bezug auf die Ukraine und Georgien erscheint diese These des Autors jedoch als zu optimistisch. Gerade in diesen beiden Ländern mischt Russland kräftig mit, wenn auch die Gründe dafür aus russischer Sicht vom Autor plausibel dargelegt werden. Ohnehin liege der Kurs der Konfrontation mit dem Westen nicht im russischen Interesse: Entspannte und kooperative Beziehungen mit der euro-atlantischen Welt seien für russische Ziele im GUS-Raum unabdingbar. Der Autor behält auch Gegenargumente im Auge: Man findet im Buch sowohl ein Positiv- als auch ein Negativszenario für Entwicklungen im GUS-Raum und das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen.Christian Wipperfürth: Russland und seine GUS-Nachbarn. Hintergründe, aktuelle Entwicklungen und Konflikte in einer ressourcenreichen Region. Ibidem-Verlag, Stuttgart 2007. 244 S., € 30.–ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 259 32 83 - 0


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