Russland

Putins Rochade

Putins RochadeNach der überraschenden Rochade an der russischen Regierungsspitze - Premier Michail Fradkow ging, der weitgehend unbekannte Wiktor Subkow kam - sind sich russische, wie auch nicht-russische Kommentatoren überwiegend darin einig, dass Präsident Wladimir Putin ein optimaler Schachzug gelungen sei, um den im Herbst 2007 und Frühjahr 2008 bevorstehenden Machtübergang in Russland ruhig zu gestalten. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" mag sogar nicht ausschließen, dass der Westen Putin für sein erfolgreiches Management der Nachfolge nach dem Motto, Stabilität habe Vorrang, am Ende sogar loben werde.Diese Sicht stützt sich vor allem auf die bisherige Tätigkeit des neuen Regierungschefs als Leiter der Finanzaufsichtsbehörde, deren wesentliche Aufgabe in den letzten Jahren darin bestand, die russischen Finanzflüsse wieder unter Kontrolle des Staates zu bringen, indem Kapitalflucht und Geldwäsche gestoppt und die Zahlung von Steuern erzwungen wurde. Subkow, so wird vermutet, verfüge aus seiner Tätigkeit über genügend Wissen, um mögliche Störenfriede während und nach den Wahlen ruhig zu halten.Aus zurückliegenden Wahlkämpfen ist bekannt, welche Rolle so genannte Kompromate für das Ausschalten von Konkurrenten, missliebigen Kandidaten oder auch ganzen  Organisationen in Russland bisher gespielt haben. Daran waren sowohl Regierung wie auch die Kandidaten selbst beteiligt. Mit Subkow an der Spitze verfügt die Regierung nun sozusagen über die Lufthoheit über diese "Kompromate." Das könnte einer Stabilisierung durchaus dienlich sein.Über diese offensichtlichen Tatsachen hinaus weiß jedoch niemand etwas Genaues; und so wird umso freier über den "Putin-Plan zur Machtübergabe" spekuliert: Die einen glauben, Putin habe auf diese Weise den bisher als "Kronprinzen" gehandelten, erst kürzlich zu stellvertretenden Ministerpräsidenten ernannten Sergej Iwanow und Sergej Medwedew einen "Dämpfer verpasst", insofern sie nun durch das Hinzutreten von Subkow als möglicher weiterer Kandidat in die Reihe zurückgedrängt worden seien. Andere sehen vor allem Iwanow gestärkt. Das werde unter anderem daraus klar, dass Subkow als eines seiner wichtigsten Ziele die Stärkung der Rüstungsindustrie genannt habe, der auch Iwanow nahe steht. Dritte wiederum frischen die in letzter Zeit etwas farblos gewordene Spekulation wieder auf, dass Putin doch eine dritte Amtszeit anstrebe, nur jetzt nicht mehr direkt durch eine Verfassungsänderung vor den Wahlen, sondern durch die Inthronisierung eines Übergangskandidaten. Als 'Präsident im Rentenalter' könne der jetzt 66-jährige Subkow in angemessener Zeit abdanken und den Platz für ein Comeback Putins frei machen. Die russische Verfassung, die nur zwei Amtzeiten hintereinander erlaube, werde dann nicht mehr verletzt.Eine Variante ist so gut möglich wie die anderen; entscheidend ist aber wohl nicht, ob ein Übergang von Putin zu Putin oder doch zu einem anderen Namen geschafft wird, sondern ob es Russland gelingt, aus der Phase der putinschen Restauration in eine Entwicklung überzugehen, in der Russlands neu gewonnene Stärke sich in einer den Menschen zugewandten Sozialpolitik fortsetzt. Für diesen Schritt ist eine ruhige, zumindest formaldemokratisch korrekte Ablösung Putins bei den anstehenden Wahlen die unausweichliche Bedingung, unabhängig davon, ob, wo und wie er selbst in der Politik bleibt oder nicht.ENDE---------------------------------------------------------------------------
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Kai Ehlers


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