Subkow - Erinnerung an bleierne Zeiten
Der neue russische Ministerpräsident könnte Putin vier Jahre lang den Präsidentenstuhl warm halten
Moskau (n-ost) - Der neue russische Ministerpräsident Wiktor Subkow ist mit 66 Jahren in der Riege der vorderen Kreml-Politiker mit Abstand der Älteste. Eine Kandidatur zum Amt des Präsidenten schließt er nicht aus. Wenn Subkow Präsident wird, könnte er aus Altersgründen 2012 wieder ausscheiden und einem Nachrücker - zum Beispiel Wladimir Putin - Platz machen.
Soviel Lob für einen der möglichen Putin-Nachfolger gab es noch nie, vermerkte der Korrespondent der angesehenen Zeitung "Kommersant", als der Kreml-Chef am Freitag Russlands-Experten aus aller Welt um sich versammelte. Wladimir Putin hält viel von Wiktor Subkow. "Dieser Mensch hat große Lebens- und Berufserfahrung. Man kann sagen, er ist ein wirklich professionell, ein ausgezeichneter Verwalter." Der Kreml-Chef erklärte, Subkow sei einer von mindestens fünf Präsidentschaftskandidaten. Der neue Premier selbst erklärte, er könne sich vorstellen, für das Präsidentenamt zu kandidieren, wenn er als Ministerpräsident "etwas erreicht" habe.
Putin gefällt offenbar besonders Subkows Bescheidenheit. Vor den Politologen aus dem Westen lobte der Kreml-Chef Subkows Einsatz in der Landwirtschaft, in den Jahren 1967 bis 1985. "Er ging zu den Sowchosen, welche am Ende waren - er ist jetzt bescheiden und spricht nicht davon - er machte aus ihnen die besten der Sowjetunion."
Nach dem trunksüchtigen Boris Jelzin freuten sich die Russen kurz nach der Jahrtausendwende mit Putin über einen sportlich-muskulösen Präsidenten. Subkow hat auf diesem Sektor nichts zu bieten. Der neue Premier ist unter den Mitgliedern der russischen Regierung der Älteste. Aber vielleicht hat Subkow nur die Funktion Putin in den nächsten vier Jahren als Präsident zu vertreten, um ihm dann - aus Altersgründen - wieder den Vortritt zu lassen.
Putin ist Staatsmann, hat aber doch immer etwas von einem jugendlichen Draufgänger. Subkow strahlt dagegen bleierne Ruhe aus, wie man sie aus der Breschnjew-Zeit kannte. Die Art wie er vergangene Woche vor der Duma sein Regierungsprogramm vorstellte, erinnerte an diese Zeit. Der neue Premier las mit ruhiger, fast träger Stimme vom Blatt. Nur manchmal hob er den Kopf. Die Duma-Abgeordneten schien das nicht zu stören. 381 der 450 Abgeordneten bestätigten den von Putin Vorgeschlagenen in seinem neuen Amt als Ministerpräsident.
Subkow will den Kampf gegen die Korruption zum Schwerpunkt seiner Arbeit machen. "Unprofessionalität und Korruption richten Russland zugrunde." Subkow will die Wirtschaft modernisieren, den Rüstungssektor stärken, die Naturressourcen besser nutzen und die Versorgung der Bürger mit qualitativen Leistungen auf dem Gebiet der Ausbildung und Gesundheitsversorgung sicherstellen. Auf die Zensur der Medien könne man verzichten, weil sie "nicht nötig" sei, erklärte er lax.
Russlands neuer Premier, der am Sonnabend seinen 66. Geburtstag feierte, wurde 1941 in Arbat, einem Ort im Ural geboren. Seine Berufslaufbahn begann 1958 als Schlosser in einem Bergbaukombinat. Dann studierte er an der Wirtschaftsfakultät eines Agrarinstituts im Gebiet Leningrad.
Nach seiner Tätigkeit als Leiter verschiedener Sowchosen hatte Subkow Ende der 80er Jahre Funktionen in der Partei und der Verwaltung des Gebiet Leningrads inne. 1992 und 1993 war er Stellvertreter Putins im Komitee für Außenwirtschaftsbeziehungen der Stadtverwaltung von St. Petersburg. Damals wuchs Subkow Putin offenbar ans Herz. Der neue Premier durfte auch schon mal die Kerzen auf Putins Geburtstagstorte ausblasen. Subkow machte Karriere, wenn auch langsam. 1993 wurde er Leiter der Steuerinspektion von St. Petersburg. Sein Stellvertreter dort war der jetzige russische Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow, der jetzt mit Subkows Tochter verheiratet ist.
1999 kandidierte Subkow erfolglos für den Posten des Gouverneurs des Gebiets Leningrad. Er erhielt nur 8,6 Prozent der Stimmen. Im Jahre 2000 leitete er die Partei "Einheit" - einen Vorläufer der jetzigen kreml-nahen Partei "Einiges Russland" - in St. Petersburg. Im März 2004 wechselte Subkow nach Moskau und wurde Leiter der Föderalen Steuerinspektion.
Auf Subkow kann man sich verlassen. Auch der stellvertretende Ministerpräsident Sergej Iwanow, der selbst als Putin-Nachfolger im Gespräch ist, lobte den neuen Premier als Mann, der "ohne Lärm und Staub" arbeitet.
Nach Meinung der "Komsomolskaja Prawda" eignet sich Subkow, der keinem der Kreml-Clans angehört, hervorragend als "Stabilisator", welcher dem Kreml-Chef in der richtigen Stunde Bericht erstattet: "Es ist alles unter Kontrolle, der Flug ist normal, lassen sie den Nachfolger heraus."
Der neue Ministerpräsident gehört - als ehemaliger Finanzaufklärer - zum kleinen Kreis derjenigen, die über die Bankkonten der hohen Beamten und Unternehmer Bescheid wissen. Dieses Wissen könnte er gegebenenfalls zur Disziplinierung Ungehorsamer einsetzen.
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Ulrich Heyden