"Stabilisator" Subkow
"Stabilisator" Subkow
Moskau (n-ost) - Mit ruhiger, fast träger Stimme las der neue russische Ministerpräsident Viktor Subkow in der Duma sein Regierungsprogramm vom Blatt. Nur selten hob der 66jährige den Kopf. Subkow will den Kampf gegen die Korruption zum Schwerpunkt seiner Arbeit machen. "Was Russland tötet, das ist Unprofessionalität und Korruption." Der von Putin auserwählte neue Regierungschef erklärte, dass Öl und Gas und andere Naturressourcen mehr Gewinn bringen sollen. Außerdem sprach er sich für die Stärkung des Rüstungssektors, des Schiff- und Flugzeugbaus und der Landwirtschaft aus. Noch wirkt Subkow eher wie ein alter Sowjet-Funktionär und nicht wie ein Politiker eines modernen Staates.
Doch das stört die Abgeordneten offenbar nicht. Die Duma bestätigte Subkow erwartungsgemäß in seinem Amt. 381 von 450 Abgeordneten stimmten für den von Putin Vorgeschlagenen. Nur die Kommunisten und Abgeordnete der linksnationalistischen "Heimat"-Fraktion stimmten gegen den ehemaligen Sowchosen-Chef und Finanz-Aufklärer, der Ende der 80er Jahre auch Partei-Funktionen im Gebiet Leningrad innegehabt hatte.
Minister auf der Abschlussliste
Subkow sprach sich vor den Abgeordneten gegen eine Zensur in den Medien aus und kündigte die Entlassung von Ministern an. Wahrscheinlich muss der in Korruptionsskandale verwickelte Gesundheitsminister Michail Surabow seinen Sessel räumen. Auch der Stuhl des liberalen Ministers für wirtschaftliche Entwicklung, German Gref, wackelt. Putin hatte ihn öffentlich kritisiert.
Mit dem Thema Korruption könnte Subkow in den nächsten Monaten seine Popularität steigern. Auch Jelzin und Putin fingen vor Präsidentschaftswahlen mit einstelligen Popularitäts-Raten an und steigerten sich dann im Wahlkampf auf 60 Prozent. Wladimir Putins erster Wahlkampf im Jahre 2000 ging mit dem zweiten Tschetschenienkrieg einher. Putin demonstrierte sich damals als Retter Russlands vor einer terroristischen Bedrohung.
Doch es ist mehr als unsicher, ob Subkow den gleichen Weg vom Ministerpräsidenten zum Präsidenten gehen wird wie Putin. Subkow erklärte zwar, er schließe eine Kandidatur für das Präsidentenamt nicht aus. Bedingung sei nur, dass er "als Premier etwas erreiche". Doch noch hat Putin seine beiden Kronprinzen, Sergej Iwanow und Dmitri Medwedjew, beide bisher stellvertretende Ministerpräsidenten, nicht zurückgepfiffen.
Die "Komsomolskaja Prawda" schreibt, Subkow, der keinem der Kreml-Clans angehört, eigne sich hervorragend als "Stabilisator", welcher dem Kreml-Chef in der richtigen Stunde Bericht erstattet: "Es ist alles unter Kontrolle, der Flug ist normal, lassen sie den Nachfolger heraus." Subkow wäre somit der Mann, der während der Wahlzeit die Spitzen-Beamten und die Wirtschafts-Elite unter Kontrolle hält. Die Mittel dazu hat der Putin-Vertraute. Als oberster Finanzaufklärer verfügt er als einer der wenigen Beamten in Russland über Einblick in die Konten von Spitzenbeamten und Unternehmern. Gegebenenfalls kann er dieses Wissen als Druckmittel gegen Ungehorsame einsetzen.
"Zwei Bären vertragen sich nicht in einer Höhle"
Die Übergabe des Staffelholzes will Putin möglichst lange hinauszögern. Putin lässt das Publikum absichtlich rätseln. Die Präsidial-Administration füttert die Spekulationen der Kreml-Astrologen mit immer neuen Namen. Niemand soll wissen, wen der Amtsinhaber sich als Nachfolger auserkoren hat. "Zwei Bären vertragen sich nicht in einer Höhle", lautet ein russisches Sprichwort. Eine größere Zeitspanne mit einem designierten Präsidenten und einem amtierenden Präsidenten könnte zu unnötigen Spannungen und Reibereien zwischen den verschiedenen Fraktionen im Kreml führen, den Hardlinern, Liberalen und Zentristen um Putin.
Putin gesteht Nervosität ein
Putin selbst bestätigte inzwischen, dass es in Regierung und Verwaltungsapparat angesichts der nahenden Duma- und Präsidentschaftswahlen eine gewisse Nervosität gibt. "Natürlich" gebe es vor den Wahlen "ein Gefühl der Unsicherheit", erklärte der Kreml-Chef im zentralrussischen Belgorod beim Besuch einer Sowchose. Für die Beamten sei es in der Vorwahlzeit "schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren". Man wisse nicht, was mit jedem einzelnen nach den Wahlen passiert." Deshalb sei es sinnvoll "schon jetzt bestimmte Personalentscheidungen zu treffen". Vor allem gehe es darum, dass es im Staatsapparat während und nach den Wahlen keine "Störungen" gibt.
ENDE
---------------------------------------------------------------------------
Wenn Sie einen Artikel übernehmen oder neu in den n-ost-Verteiler aufgenommen werden möchten, genügt eine kurze E-Mail an n-ost@n-ost.org. Der Artikel wird sofort für Sie reserviert und für andere Medien aus Ihrem Verbreitungsgebiet gesperrt. Im übrigen verweisen wir auf unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unter www.n-ost.org. Das Honorar überweisen Sie bitte mit Stichwortangabe des Artikelthemas an die individuelle Kontonummer des Autors:
Ulrich Heyden