Russland

"Der arbeitet ohne Lärm und Staub"

Wiktor Subkow könnte im Rennen um den Posten des russischen Präsidenten lachender Dritter sein

Moskau (n-ost) - Mit lauter Stimme fragt einer der Journalisten in einem Nebensaal des russischen Parlaments, "wollen sie Präsident werden?" Der designierte russische Ministerpräsidenten Viktor Subkow antwortet, "wenn ich als Premier etwas erreiche" sei "solch eine Variante" nicht ausgeschlossen. Der 65-jährige frühere Sowchosen-Chef und Finanz-Aufklärer wirkt im Blitzlichtgewitter noch unsicher. Er habe noch nie die Zustimmung zu einem Amt gegeben, wenn er nicht vorher "etwas erreicht" habe, meint Subkow pflichtbewusst wie ein Komsomolze. Soviel ist auf jeden Fall schon sicher: Subkow will in der Regierung "Umbesetzungen" vornehmen.      

In der russischen Duma ging es am Donnerstag ungewohnt hektisch zu. Der von Präsident Wladimir Putin als neuer Ministerpräsident Vorgeschlagene stattete den Fraktionen einen Besuch ab, um für Zustimmung für die Abstimmung am Freitag in der Duma zu werben. Die Kreml-Administration führt das Parlament an kurzer Leine. So war der Besuch eigentlich überflüssig, die Zustimmung ist von Anfang an ausgemachte Sache, nur die Kommunisten wollen gegen Subkow stimmen. Trotzdem war die Nervosität vor den nahenden Personal-Entscheidungen mit den Händen zu greifen.

Man kennt sich und schützt sich

Subkow ist ein Mann, auf den sich Putin und die ihm nahestehenden Beamten aus St. Petersburg voll verlassen können. Putin arbeitete mit Subkow Anfang der 90er Jahre in der Stadtverwaltung der Newa-Stadt zusammen. Subkows Tochter ist mit Verteidigungsminister Anatolij Serdjukow - ebenfalls ein alter Bekannter Putins aus St. Petersburg - verheiratet. Man kennt sich und man schützt sich. Wer weiß, welche Kräfte bei den Präsidentschaftswahlen ihre Interessen anmelden? Die Hardliner im Kreml, oder die letzten dort noch verbliebenen Liberalen? Der stellvertretende Ministerpräsident Sergej Iwanow, der gemeinsam mit dem anderen stellvertretenden Ministerpräsidenten Dmitri Medwedjew selbst als Putin-Nachfolger im Gespräch ist, lobte Subkow als Mann, der "ohne Lärm und Staub" arbeitet, ein Mann, der seine Aufgaben still aber effektiv erledigt.

Von 1967 bis 1985 hat Subkow verschiedene Sowchosen - landwirtschaftliche Produktionsbetriebe - im Gebiet Leningrad auf Vordermann gebracht, von 1985 bis 1991 hatte er verschiedenen Partei- und Verwaltungspositionen inne, im März 2004 wurde Subkow dann Russlands oberster Finanz-Aufklärer. Subkow gehört zu dem kleinen Kreis Beamter, die über die Bankkonten der hohen Beamten und Unternehmer Bescheid wissen, meinte die angesehene Tageszeitung "Kommersant". Dieses Wissen könne notfalls zur Disziplinierung Ungehorsamer eingesetzt werden.

Putin zieht die Zügel an

Während Subkow in Moskau seinen großen Auftritt hatte, absolvierte Putin einen Besuch auf einer Sowchose im zentralrussischen Belgorod, die gerade Milch-Kühe aus Deutschland gekauft hatte. Ein Kalb durfte aus der Hand des Präsidenten eine ganze Flasche Milch austrinken, dann erläuterte Putin seine Entscheidung den Premier auszuwechseln. "Natürlich" gebe es für die Beamten vor den Duma- und Präsidentschaftswahlen "ein Gefühl der Unsicherheit", es sei "schwer sich auf die Arbeit zu konzentrieren", weil man nicht wisse "was mit jedem einzelnen nach den Wahlen passiert." Deshalb sei es sinnvoll, "schon jetzt bestimmte Personalentscheidungen zu treffen". Es gehe darum, dass es im Staatsapparat während und nach den Wahlen keine Störungen gäbe. Alle jetzt getroffenen Maßnahmen sollen dazu führen, "dass die Leute ihre Aufgaben besser erfüllen."

Obwohl Putin auch nach seinem Amtsende eine entscheidende Rolle in der russischen Politik spielen wird - wahrscheinlich auf einem anderen hohen Posten - und schon jetzt klar ist, dass die wichtigsten Posten auch nach der Präsidentschaftswahl von Putins Vertrauten besetzt werden, wird es im obersten Führungszirkel doch Personalveränderungen geben und man kann nicht ausschließen, dass Streitereien zwischen den Hardlinern, Liberalen und Zentristen um Putin ausbrechen. Der Kreml-Chef will Regierung, Parlament und Präsidialverwaltung deshalb jetzt an noch strafferem Zügel führen.

ENDE

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Ulrich Heyden


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