Russland

Weniger Öl aus Russland

Weniger Öl aus RusslandMoskau (n-ost) - Der Vizepräsident des russischen Pipeline-Unternehmens Sergej Grigorew reagierte ungehalten. "Fragen sie doch Lukoil, bei uns ist alles in Ordnung", fauchte er in den Hörer.Am Freitag klingelten beim Transneft-Vizepräsidenten die Telefone heiß. Journalisten wollten wissen, warum Russland weniger Öl über die Druschba-Pipeline nach Deutschland liefert. Die Süddeutsche Zeitung hatte in ihrer Online-Ausgabe berichtet, dass Russland seine Öl-Lieferungen nach Deutschland reduziert habe. Die Nachrichtenagentur Interfax sprach von Lieferminderung um 30 Prozent für die Monate Juli und August. Deutschland bezieht ein Fünftel seines Ölbedarfs aus der Druschba-Pipeline.Die Druschba-Pipeline wird von Lukoil - dem sechsgrößten Ölunternehmen der Welt - und kleineren russischen Öl-Gesellschaften beliefert. Es ist schwer vorstellbar, dass Lukoil, das sich zu fast 100 Prozent in Besitz russischer Banken und Finanzgesellschaften befindet, ohne Rücksprache mit dem Kreml seine Lieferungen nach Deutschland reduziert. In Moskau weiß man, wie empfindlich die deutsche Öffentlichkeit auf Liefer-Probleme im Energiesektor reagiert. Jede Unterbrechung schafft Raum für Spekulationen. Und an denen dürfte Moskau, welches Deutschland als besten Freund in Europa umwirbt, eigentlich kein Interesse haben.Ein Sprecher des Unternehmen Lukoil erklärte gegenüber dieser Zeitung, Lieferminderungen könnten "unterschiedliche, auch technologische Gründe" haben. Zur Berechnung der Lieferungen dürfe man nicht einen Monat, sondern ein Quartal als Grundlage nehmen. Gewisse Schwankungen seien normal. Temporäre Lieferminderungen könnten leicht ausgeglichen werden, in dem man später den Druck in der Pipeline erhöhe.Bisher sind die Informationen über die Lieferreduzierung lückenhaft. Es ist nicht bekannt, an wen Lukoil das für Deutschland bestimmte Öl verkauft hat oder ob es bei dem Förder-Unternehmen oder bei der Pipeline wohlmöglich zu technischen Problemen gekommen ist. Ende Juli war es in der Druschba-Pipeline zwischen Brjansk und Nowopolozk nahe der russisch-ukrainischen Grenze zu einem Leck gekommen. Etwa 40.000 Liter Öl liefen aus.Im letzten Jahr hatte es auf einer Abzweig-Pipeline nach Litauen ein Leck gegeben. Die Reparaturen auf diesem Streckenabschnitt ziehen sich seitdem immer noch hin. Litauen vermutet politische Nadelstiche. Die litauische Ölraffinerie AO Mazeikiu Nafta wird seit der Pipeline-Havarie über Tanker mit russischem Rohöl versorgt.Einer der Endpunkte der Pipeline in Deutschland ist die Raffinerie Schwedt nordöstlich von Berlin. Der Pressesprecher der Raffinerie, Karl-Heinz Schwellnus, erklärte gegenüber dieser Zeitung, die Lieferungen aus Russland seien bereit seit Juli zurückgegangen. Die Raffinerie sei aber von russischer Seite vorgewarnt worden. Über die Ursache der Lieferschwankungen gäbe es zurzeit Gespräche mit den Lieferanten. Ein Problem sei die Lieferminderung nicht. "Die Raffinerie arbeit auf vollen Touren". Rohöl sei auf dem Weltmarkt "ausreichend vorhanden". Die Raffinerie, die normalerweise 11,5 Mio. Tonnen Öl aus Russland bezieht, versorgt sich über Rücklagen und über eine Pipeline aus Rostock, über die Öl aus der Nordsee und anderen Gebieten nach Schwedt transportiert wird.Um von Transitländern wie Polen und Weißrussland unabhängig zu werden, plant Russland den Bau einer Pipeline, die die Druschba-Pipeline direkt mit dem neuen Ostseehafen Primorsk bei St. Petersburg verbindet. Im letzten Jahr wurden über Primorsk bereits 66 Mio. Tonnen Öl umgeschlagen.ENDE---------------------------------------------------------------------------
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