Turkmenistan

Welchen Weg geht das turkmenische Gas?

Auf der Suche nach Alternativem zum russischen Gas gerät Turkmenistan immer mehr in den Blick des Westens. Zurzeit wird das turkmenische Gas ausschließlich durch eine alte sowjetische Gaspipeline über Russland in den Westen geleitet. Das gibt dem russischen Energieriesen Gasprom die Chance, weiter billiges turkmenisches Gas zu importieren und mit erheblichem Aufschlag teurer nach Europa zu verkaufen: Pro Kubikmeter durchgeleitetes Gas erzielt Russland dabei beim Verkauf nach Europa zwischen 130-150 US-Dollar Reingewinn. Um das russische Monopol am turkmenischen Gas aufzulösen, benötigt man eine Gaspipeline, die Russland umgeht und die Turkmenistan in die Lage versetzt, sein Gas selbst auf den europäischen Markt zu bringen. Dazu müsste auf dem Grund des Kaspischen Meeres eine Unterwasserpipeline verlegt werden.

Gelänge es das turkmenische Gas durch diese Unterwasserpipeline nach Aserbaidschan zu transportierten, könnte es durch die gerade gebaute Pipeline Baku-Tiflis-Erzurum weiter nach Westen befördert werden, was dem Ziel der EU, größere europäische Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen zu haben, dienen würde.

Doch die aktuelle politische Situation in Turkmenistan ist kompliziert: Nach dem Tod des autokratischen Präsidenten Saparmurat Nijasow Ende 2006 laviert der Westen zwischen Unterstützung für die demokratische Opposition und Sympathien für Nijasow-Nachfolger Kurbahnkuli Berdymuchammedow hin und her und scheint letztlich auf das falsche Pferd gesetzt zu haben.

In einer von Deutschland initiierten Videokonferenz mit amerikanischen Zentralasien-Experten versprachen turkmenischen Exilpolitiker im Falle einer Machtübernahme im Land das bisher Russland verpflichtete Gasmonopol zu zerschlagen. Viele turkmenische Oppositionelle leben seit den 1990er Jahren im Ausland. Für seine im Land verbliebenen politischen Gegner hat Nijasow - der sich als "Vater aller Turkmenen" anbeten ließ - ein spezielles Gefängnis im Ort Ovadan-Depe, 40 Kilometer von der Hauptstadt Aschgabat entfernt in der Wüste, errichten lassen. In dieser Haftanstalt sollten die "gefährlichsten Feinde des turkmenischen Staates", sprich Nijasows bedeutsamsten und einflussreichsten Kritiker, inhaftiert werden. Die prominentesten Häftlinge, die heute in Ovadan-Depe einsitzen, sind der ehemalige Außenminister Boris Schichmuradow und die ehemalige Generalstaatsanwältin Gurbanbibi Atadschanowa.

Zunächst sah es so aus, als würden die westlich orientierten Exilpolitiker wirklich eine Unterstützung durch die USA und EU erhalten. Doch nach Nijasows Tod blieben diese Versprechen nur Lippenbekenntnisse. Die turkmenischen oppositionellen Gruppierungen konnten sich vor der im Februar dieses Jahres abgehaltenen Präsidentschaftswahl weder zu einer schlagfertigen Fraktion zusammenfinden, noch einen offiziell anerkannten Kandidaten zur Wahlen stellen.

Der Westen wählte eine andere Strategie: Den Versuch, mit dem neuen Präsidenten  Kurbahnkuli Berdymuchammedow eine Übereinkunft in der Energiepolitik zu finden und ihn gleichzeitig zu politischen und wirtschaftlichen Reformen im Land aufzufordern. Die geplanten Reformen in der Bildungspolitik und die Förderung des Studentenaustausches zeigen dabei durchaus Berdymuchammedows Willen, das Land aus der politischen Isolation herauszuführen. Auch die Entlassung mehrerer hochrangiger Beamter signalisiert die Bereitschaft, nicht in allen Belangen in Nijasows Fußstapfen zu treten. Außerdem  wurde vor kurzem die Demontage eines Denkmals Nijasows in der Stadt Turkmenabad von vielen verwundert zur Kenntnis genommen.

Doch die Hoffnungen des Westens scheinen nicht aufzugehen. Am 12. Mai vereinbarte der russische Präsident Wladimir Putin mit seinem kasachischen und turkmenischen Amtskollegen den Bau einer neuen Gaspipeline "Centrasia - 3". Gemäß dem Abkommen der drei Präsidenten wird das turkmenische Erdgas damit wohl auch in Zukunft über Kasachstan nach Russland befördert werden. Ein unerwarteter Rückschlag für die USA und die EU. Doch noch immer will man die womöglich blauäugige Hoffnung nicht aufgeben, dass Berdymuchammedow eine westliche transkaspische Pipeline unterstützen würde.


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