Rosige Zeiten
"Nimm an diesem schönen Tag eine bulgarische Rose von mir", heißt es in einem bekannten bulgarischen Schlager, "Sie soll dich an den Balkan, an das Meer und an uns alle erinnern." In Bulgarien hat die diesjährige Rosenernte begonnen. Im Herzen des Landes, zwischen den Provinzstädten Karlovo und Kazanlak, liegt das Rosental. Hier, im 60 Kilometer langen "Rozova Dolina" befinden sich die Anbaugebiete der ölhaltigen Damaszener Rose.
Volkstanzgruppe / Jutta Sommerbauer, n-ost
Man muss genau hinsehen, um sie zu entdecken - die kleinen hellrosa Pünktchen, die im Grün mancher Felder aufblitzen. Die Blüten der hier angebauten Rosensorte "Damascena mill" sind unscheinbar. Etwa drei Wochen bis Anfang Juli dauert es, bis die Blüten von Hand gepflückt sind.Vor mehr als 300 Jahren gelangten die ersten Rosen aus Anatolien ins heutige Bulgarien. Im hiesigen Klima gediehen sie prächtig. "Vergleichbare Plätze gibt es nur in Indien und China", sagt Nedko Nedkov, Direktor des "Instituts für die Rose" in Kazanlak.
In der staatlichen Forschungseinrichtung mit dem schrulligen Namen dreht sich in den Laboren und Versuchsgärten alles um die "Königin der Blumen".Vor 100 Jahren, als das Institut gegründet wurde, stand die bulgarische Rosenproduktion in voller Blüte. Damals gab es in Bulgarien 9000 Hektar Rosengärten. In späteren Jahrzehnten nahm ihre Bedeutung ab. Künstliche Rosenessenz stach den teuren Konkurrenten zusehends aus. Der Zusammenbruch der Volksrepublik tat sein übriges.
Hatte bulgarisches Rosenöl in den 80er Jahren noch einen Weltmarktanteil von 70 Prozent, so fiel dieser in den Neunzigern auf 30 Prozent. In den letzten Jahren sind die Anbauflächen mit Hilfe neuer Investitionen und EU-Programmen wie SAPARD allerdings wieder auf 3500 Hektar gewachsen. Mehrere Zehntausend Pflücker werden bei der Ernte eingesetzt. "Seit fünf Jahren entwickelt sich der Sektor sehr gut", sagt Nedkov. Vergangenes Jahr erwirtschaftete man 1,5 Tonnen Rosenöl. Für dieses Jahr wird gar ein Rekordergebnis von 2,5 Tonnen erwartet.Beschaulich geht es bei der Rosenernte allerdings nicht zu. Für die Arbeiter bedeutet die Erntezeit vor allem eines: früh aufstehen. Das Pflücken der kostbaren Blüten beginnt vor Sonnenaufgang - wenn die Rosenblätter "taufrisch" sind und das Öl die stärkste Konzentration hat.
Das durch Destillation gewonnene, teure Öl wird fast zur Gänze exportiert. Bekannte Parfumhersteller wie Givenchy, Kenzo und Dior gehören zu den Abnehmern des kostbaren Öls, dessen Kilopreis auf dem Weltmarkt um die 4000 Euro beträgt. Im Rosenland selbst wird die teure Substanz nicht abgesetzt. "Das Rosenöl wird fast zu Gänze in Länder wie Frankreich, die USA, Großbritannien und den arabischen Raum exportiert", so Nedkov.