Bulgarien

Schwarzes Meer und schneeweiße Berge

Banskos Hoteliers können erst einmal aufatmen. Seit Saisonbeginn Mitte Dezember hat man sehnsüchtig auf ihn gewartet, jetzt ist der Schnee endlich in dicken Flocken vom Himmel gefallen. Die Spitzen des schroffen Pirin-Gebirges, an dessen Fuß das Städtchen Bansko liegt, sind unter der weißen Schneedecke verschwunden. Einen guten halben Meter ist sie dick und mit den nagelneuen Schneekanonen lässt sich da und dort noch nachhelfen.

Bansko, drei Autostunden von Sofia entfernt, gleicht einem Wintersportort westlichen Zuschnitts. 65 Kilometer Pisten bietet das Skigebiet, darunter eine 16 Kilometer lange "schwarze" Abfahrt, moderne Liftanlangen und Snowboard-Park.Im Zentrum erinnern die heimelig anmutenden Steinhäuser mit ihren mächtigen Holzbalkonen daran, dass Bansko schon lange vor der Zeit, als die Touristen einzogen, ein gutes Pflaster war. Seit dem 18. Jahrhundert zählten Händler und Handwerker zu den Bewohnern des Städtchens, Karawanen machten auf ihrem Weg vom heutigen Griechenland in Richtung Mitteleuropa Halt.


Die eindrucksvollen Skigebiete in Bulgarien sind in Deutschland noch nahezu unbekannt. / Frank Stier, n-ost

Zwischen Banskos Häusern und Kirchen lässt sich so manche "Mehana" finden - die bulgarische Version eines traditionellen Gasthauses, in dem Gerichte in bunt bemalten Tontöpfen serviert werden: Shkembe Chorba, Flecksuppe mit Knoblauch, für die Experimentierfreudigen, herzhafte Eintöpfe und Gegrilltes für konventionellere Gemüter. Ein Gläschen Rakia, der bulgarische Obstschnaps, der in kleinen Schlückchen schon zum Salat getrunken wird, ist für alle Geschmäcker ein Muss.


Urlaub in Bulgarien

Wintersportorte im Internet: www.borovets-bg.com, www.bansko.bg, www.pamporovo.net

Organisiert: TUI bietet Pauschalangebote (Flug, 7 Tage Hotel inkl. Frühstück) nach Bansko, Pamporovo und Borovec ab 311 Euro an. www.tui.com

Individuell: Neben Lufthansa und Bulgaria Air fliegt Hemus Air ab Köln und Berlin nach Sofia.

Übernachtungen in einfachen Privatpensionen ab ca. sieben Euro pro Person. Bei der Bulgarischen Vereinigung für Alternativen Tourismus ist ein Reiseführer erhältlich, der Adressen von Gästehäusern und Reisetipps enthält (in englischer Sprache). Zu bestellen über www.baatbg.org

Mietauto: ab 28 Euro pro Tag, www.tany97.com

Reisebüro "Odysseia Inn" - Spezialist für Kultur- und Aktivurlaub in Bulgarien, www.odysseia-in.com


Von der wohligen Gemütlichkeit ist am Rande Banskos nicht mehr viel zu spüren. Hier wird kräftig gebaut. Hotels und Apartmentblöcke errichtet man hier in einem Tempo, das die gern zitierte bulgarische Gelassenheit Lügen straft. Derzeit stehen in Bansko 10.000 Betten zur Verfügung. In ein, zwei Jahren sollen es schon 30.000 sein.

Auch die anderen bulgarischen Wintersportorte - das weiter östlich liegende Pamporovo im Rhodopengebirge und Borovec im Rila-Gebirge - boomen. Die Bedeutung des Wintertourismus ist in den letzten Jahren gestiegen. Gleichwohl ist der Badetourismus am Schwarzen Meer nach wie vor das touristische Hauptgeschäft Bulgariens.

Der europäische Reiseveranstalter TUI möchte diese Saison bis zu 20.000 Touristen nach Bulgarien bringen - drei Viertel davon aus Großbritannien. Auch bei Russen und Besuchern aus den Nachbarländern ist das winterliche Bulgarien beliebt. Deutsche Urlauber, die im vergangenen Jahr über eine halbe Million ausmachten, kommen vor allem im Sommer nach Bulgarien. Im Winter sind sie eine verschwindende Minderheit: Über TUI werden diesen Winter gerade mal 2000 Deutsche in Bulgarien urlauben.

Als Wintersportdestination sei Bulgarien bei den Deutschen noch nicht bekannt, sagt Violeta Popova, Geschäftsführerin des rustikalen Vier-Sterne-Hotels "Tanne" in Bansko.

"Viele Leute in Deutschland wissen nicht, dass es hier hohe Berge zum Ski fahren gibt. Sie sind sehr überrascht, wenn sie das erfahren." Außerdem sei die Konkurrenz auf Grund der attraktiven Skigebiete in Österreich und der Schweiz, die noch dazu mit dem Auto zu erreichen sind, groß. Für die wenig skierprobten Briten ist Bulgarien mit seinen kleinen Wintersportgebieten dafür eine interessante Alternative - ins Flugzeug steigen müssen sie allemal.Wenn es nach Ljubomir Popjordanov geht, dann sind weder die Skipisten noch das Schwarze Meer Bulgariens wichtigste Touristenziele.

Das reiche Kulturerbe des Landes hätten die ausländischen Gäste noch nicht wirklich entdeckt, sagt der Inhaber der Reiseagentur "Odysseia In". Man täte gut daran, die Naturlandschaften weiter unberührt zu lassen. Mehr Individual- als Pauschaltouristen wünscht sich der Tourismus-Fachmann. Wandern in den weitläufigen Gebirgen, Kulturreisen zu verborgenen Klöstern, charmante Dörfer und authentisches Landleben, geschichtsträchtige Städte wie Plovdiv und Veliko Tarnovo, die mit Sehenswürdigkeiten an jeder Ecke aufwarten: Bulgarien biete abseits des Massentourismus ein reichhaltiges Angebot. "Die Rückständigkeit des Landes ist unser Konkurrenzvorteil", so Popjordanov. Ein Werbeslogan, der nicht nur für die Urlauber in Bansko neu sein dürfte.


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