Serbien

Leere in der „geschlossenen Muschel“

Erstmals in der Geschichte des serbischen Fussballs wird ein Klub mitsamt Stadion zum Verkauf angeboten: Der FK Smederovo aus der gleichnamigen Industriestadt, 45 Kilometer östlich von Belgrad, erhofft sich dadurch eine Finanzspritze von 25 Millionen Euro. Interesse habe bislang allerdings noch niemand gezeigt, auch wenn es sich bereits um die fünfte Ausschreibung im vergangenen halben Jahr handelt, die nun veröffentlicht wurde, bestätigte der Rechtsberater des Klubs, Zoran Djordjevic, dieser Zeitung. Rabatte habe man bislang noch keine eingeräumt. Sollten dieses Mal Angebote eingehen, werde man sie am 8. März prüfen, so die Pläne des Vereins.  Für die Ausschreibung ist der Insolvenzverwalter des ehemals staatlichen Stahlwerks Sartid aus Smederovo zuständig, unter dessen Fittichen Klub und Stadion früher agierten. Entsprechend gehört das Stadion von Smederovo zur Insolvenzmasse von Sartid. Vor fast vier Jahren wurde das größte Stahlwerk des Landes, das einst über 9.000 Mitarbeiter beschäftigte, an den Stahlriesen US Steel Corporation veräußert - für bescheidene 18,5 Millionen Euro.


Der serbische Fußballklub FK Smederovo steht zum Verkauf / FK Smederovo, n-ost

Weil hier so offensichtlich unter Wert verkauft wurde, schrieben die Medien damals von einem „Wirtschaftskrimi“. Doch selbst der staatliche Anti-Korruptionsrat habe nie jemandem etwas nachweisen können, so die serbische Boulevardzeitung „Blic“. Das Stahlwerk war kurz nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Handelsgericht Belgrad in einer Blitzaktion an die US-Gruppe verkauft worden – obwohl diese Aufgabe gar nicht zu dessen Zuständigkeiten gehörte. Die alten Gläubiger blieben auf 1,4 Milliarden Euro Krediten sitzen. Diese waren dem Werk durch ein internationales Konsortium zur Verfügung gestellt worden, zu dem auch die deutsche WestLB gehörte. Ein Protestbrief kam daraufhin prompt auch von der deutschen Regierung.
 
Das Stadion in Smederovo wurde ab 1993 errichtet. Von den 17.200 Sitzplätzen gehören 200 zum VIP-Bereich, 60 Plätze sind für Pressevertreter reserviert. Der Bau hat das Aussehen einer „geschlossenen Muschel“, so die Eigenaussage des Klubs. Knapp ein Drittel der Plätze sind überdacht. Pro Spiel finden sich etwa 1.600 Fussballanhänger in Smederovo ein, zu denen auch die Mitglieder des Fan-Klubs „Despoti“ gehören. Zum Vergleich: Wenn Spieler des Tabellenführers Roter Stern Belgrad dem runden Leder nachjagen, verfolgen durchschnittlich 7.000 Zuschauer das Geschehen. Tabellenvierter Partisan Belgrad lockt immerhin 5.200 Fans ins Stadion. Smederovo rangiert derzeit mit 18 Punkten auf Tabellenplatz 9 in Serbien, während Roter Stern mit 41 Punkten führend ist. In der Vorjahressaison pendelte Smederovo zwischen Platz 5 und Platz 11 in der 1. Liga. Am 17. Februar steht der Klub seinem Herausforderer Borac in der serbischen Superliga gegenüber. 


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