Turkmenistan

„Führer der Turkmenen“ gestorben

Der turkmenische Präsident Saparmurat Nijasow ist tot. Er starb am Donnerstag um 01.10 Uhr morgens Ortszeit. Als Todesursache wird ein plötzlicher Herzstillstand angegeben. Ein ranghoher Regierungsvertreter sprach von einem "traurigen Ereignis".

"Wir stehen alle unter Schock." Ein weiterer Regierungsvertreter sagte, Nijasow sei "unerwartet" verstorben. Die russische Nachrichtenagentur Ria-Novosti zitierte am Donnerstag einen anonymen Vertreter der turkmenischen Opposition, dass Nijasow bereits einige Tage vorher gestorben sei, sein Tod wäre eine Zeit lang geheim gehalten worden. Interimsstaatschef ist nun der Parlamentsvorsitzende Ovesgerdy Katajev. 

So unerwartet war der Nijasows Tod nicht: 1997 unterzog sich Nijasow einer Herzoperation in einer Klinik in Deutschland. In einer Münchner Spezialklinik war ihm ein Bypass gelegt worden. Erst im November dieses Jahres gab er erstmals öffentlich bekannt, dass er an einer Herzkrankheit litt. Der 66-Jährige regierte die frühere zentralasiatische Sowjetrepublik seit 21 Jahren und hatte einen umfangreichen Personenkult um sich und seine Familie errichtet.

Unter seiner autoritären Herrschaft war die an Öl- und Gasvorkommen reiche Ex-Sowjetrepublik nach außen weitgehend abgeschottet. Der Präsident nannte sich selbst "Führer der Turkmenen" ("Turkmenbaschi"). In den Medien nannte man ihn auch „Türkmenbaschi den Großen“.

Seine regulär bis 1997 reichende Amtszeit wurde mehrmals verlängert. Am 28. Dezember 1999  wurde der autokratisch regierende Präsident vom 50-köpfigen politisch einflusslosen Parlament (Mejlis) zum Staatschef auf Lebenszeit ernannt. International geriet Nijasow wegen seines autoritären Führungsstils und Verstößen gegen Menschen- und Bürgerrechte in die Kritik.

Obwohl Turkmenistan über fünf Prozent der weltweiten Erdgasreserven verfügt und nach Russland der zweitgrößte Erdgasproduzent in der GUS ist, ist es eines der ärmsten Länder der ehemaligen Sowjetunion. Von den enormen Gasvorkommen des Landes profitiert nur eine kleine Elite. Gleichzeitig gab Nijasow Unsummen für Projekte wie einen künstlich angelegten See in der Wüste und einen Eispalast nahe der Hauptstadt aus. Landesweit ließ er goldene Statuen von sich errichten.

Nijasow führte in seinem Land sogar neue Monatsnamen ein. Diese nehmen Bezug auf den Präsidenten, auf Nationalhelden oder wichtige Ereignisse. Januar heißt nun Turkmenbaschi. Nijasow hat mehrere Bücher geschrieben, die für die Turkmenen Pflichtlektüre sind. Sein erstes Buch, die Ruhnama ("Buch der Seele"), das im Herbst 2001 erschien, handelt von Liebe, Moral und Eintracht unter Nachbarn und wurde in Turkmenistan zum „heiligen Buch“ erklärt.

Nijasows Tod könnte eine Wende in der turkmenischen Politik bedeuten. Auf der außerordentlichen Regierungssitzung am Donnerstag besprachen die Kabinettsmitglieder Fragen der Sicherheit und Stabilität nach dem plötzlichen Ableben Nijasows. Ein Machtkampf scheint nicht ausgeschlossen, denn der Diktator hatte trotz seiner ihm bekannten Herzprobleme noch keinen Nachfolger ausgewählt. Sergej Baburin, Vizechef der russischen Staatsduma von der Fraktion "Rodina", ist überzeugt, dass Turkmenistan eine schwere Finanzkrise drohe, weil der gesamte Staatshaushalt auf den Privatkonten des gestorbenen Staatschefs hinterlegt sei.

"Es ist unklar, wem das Geld nun zufallen wird, Nijasows direkten Erben oder der neuen Staatsführung", erläuterte der russische Parlamentarier. Die meisten turkmenischen Oppositionellen halten sich im Ausland auf, da ihnen in ihrer Heimat lebenslange Haft droht. Der Vorsitzende der oppositionellen Republikanischen Partei, Churmuhamed Chanamov, kündigte die Rückkehr der Opposition nach Turkmenistan bereits in den nächsten zwei bis drei Tagen an. Ihre Ziele seien die Schaffung einer neuen Koalitionsregierung, eine Revision der nationalen Gesetzgebung sowie die Durchführung von fairen Präsidentschaftswahlen. 

Nach seinen Worten führen Spitzenvertreter der drei größten Oppositionsgruppen im Ausland untereinander derzeit Verhandlungen. "Wir brauchen keine Meinungsverschiedenheiten untereinander, wir müssen eine geballte Faust sein, um Anarchie und Rivalität im Lande zu verhindern", betonte er.


Turkmenistan

Mit einer Fläche von 488 100 Quadratkilometer zählt Turkmenistan 5,8 Millionen Einwohner. 85 Prozent der Bevölkerung sind Turkmenen, 7 Prozent Russen, 5 Prozent Usbeken, andere ethnische Gruppen machen 3 Prozent aus. Etwa 89 Prozent der Bevölkerung sind Sunniten, rund 9 Prozent russisch-orthodox. Die Hauptstadt ist Aschgabad. Turkmenistan grenzt im Norden und Nordosten an die Republiken Kasachstan und Usbekistan und teilt jeweils sehr lange Südgrenzen mit Afghanistan und Iran. Turkmenistan ist größtenteils ein Wüstenland mit intensiver Landwirtschaft. Mehr als 80 Prozent der Landfläche nimmt die zentral gelegene Sand- und Steinwüste Karakum ein, die durch hohe Sanddünen, ebene Tonflächen und Salzpfannen geprägt ist. Das BIP pro Kopf liegt nach Weltbank-Schätzungen zwischen 689 und 1181 US-Dollar pro Jahr.


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