Vogelgrippe erreicht Grenze zu Österreich
Die tödliche Variante des Vogelgrippevirus ist in Slowenien angekommen: In einem unweit der slowenischen Stadt Maribor (Marburg) verendeten Schwan wurde am Sonntag der auch für den Menschen gefährliche Erreger H5N1 nachgewiesen, wie die Europäische Union mitteilte. Maribor ist die zweitgrößte Stadt des Landes und befindet sich nur 15 Kilometer entfernt von der Grenze zu Österreich.
Der infizierte Schwan war in dem Flüsschen Drau gefunden worden, das ins österreichische Bundesland Kärnten hinüber fließt. Dort wird derzeit ebenfalls über mögliche Schutzmaßnahmen beraten. Verfügt wurde inzwischen eine Stallpflicht für Geflügel. Diese war in Slowenien erst im Januar für rund 80 Prozent des Landes aufgehoben worden.
Bürger prangern Informationspolitik der Regierung an
Heftige Kritik üben die Zeitungen des Landes an der Informationspolitik der slowenischen Regierung. Die Bevölkerung hatte erst über den Umweg Brüssel vom Ausbruch der gefährlichen Krankheit erfahren. „Wenn es am Sonntag keine Mitteilung aus Brüssel gegeben hätte, dann hätte die heimische Öffentlichkeit wohl nicht erfahren, dass wir in Slowenien die Vogelgrippe haben”, kommentiert Marjeta Šoštaric in Sloweniens größter Tageszeitung Delo. „Zu gut, dass das Informationssystem in der Union besser funktioniert als in jüngster Zeit in Slowenien. Zu gut, dass die slowenischen Veterinärbehörden über die Vorgänge nach Brüssel berichten müssen und dort nichts verbergen.” Man fühle sich zurückversetzt in die Zeit des sozialistischen Jugoslawiens, in der positives hochgelobt und negatives ganz selbstverständlich vertuscht wurde.
Verbraucherschützer vermuten, dass die Slowenische Veterinärbehörde bei ihrem Vorgehen eher die Produzenten im Blick hat, anstatt die Verbraucher zu schützen. „Panik ist nicht notwendig”, beschwichtigt Vida Cadonic Špelic, Leiterin der nationalen Veterinärbehörde in Ljubljana. „Alle Halter müssen ihr Geflügel allerdings gut im Auge behalten und die Maßnahmen befolgen, die ihnen in Verbindung mit der Vogelgrippe von der Veterinärbehörde vorgeschrieben werden. Die Bürger rufen wir auf, wilde Vögel nicht zu füttern oder zu berühren.”
Zu den Sofortmaßnahmen der slowenischen Behörde gehören zwei Schutzringe, die in drei beziehungsweise zehn Kilometern Entfernung um den Fundort gezogen wurden. In beiden Zonen besteht ab sofort Stallpflicht, auch eine Inventur ihrer Geflügelbestände müssen die Landwirte durchführen. Jeglicher Transport von Hühnern, Enten, Puten, Gänsen sowie Geflügelprodukten ist untersagt. Innerhalb der Dreikilometerzone werden zudem in jedem Betrieb Stichproben genommen. Ein Großeinsatz für Veterinäre, Polizei, Feuerwehr und Zivilschutz.
Landwirte bangen um Existenzen
In Slowenien gibt es rund 77.000 landwirtschaftliche Betriebe mit über 200.000 Beschäftigten. Vor allem handelt es sich dabei um kleinere Familienhöfe, die fast ausnahmslos auch Hühner und Gänse halten. Die slowenischen Landwirte befürchten nun Existenz bedrohende Gewinneinbußen.
„Das haben wir alles schon in den 90er Jahren erlebt, als niemand unsere Rinder und Kühe kaufen wollte. Selbst auf unserer Milch blieben wir sitzen”, sagt Milan Novak, Landwirt aus einem kleinen Dorf zwischen Maribor und Celje. Grund dafür waren damals die in Slowenien aufgetretenen Fälle von Rinderwahn (BSE). In seinem kleinen Familienbetrieb fassen alle mit an: vier Generationen leben und arbeiten auf dem Hof des in die Jahre gekommenen Bauern, Sorgenfalten haben sich tief in sein Gesicht gegraben. „Damals standen wir kurz vor dem Ruin und konnten uns nur retten, in dem wir mehr auf Getreide, Mais und eben Geflügel setzten.” Viele Landwirte taten es Novak gleich und stehen nun vor ernsthaften Problemen, sollte die Angst vor der Vogelgrippe die Verbraucher in den Supermärkten vom Kauf von Geflügelprodukten abhalten.
Vorgezogene Stallpflicht in Deutschland
Auch in Deutschland läuteten am Montag die Alarmglocken. Die Vogelgrippe hat die Europäische Union erreicht: Nach Italien und Griechenland nun auch Slowenien. Deshalb müssen deutsche Landwirte ihr Geflügel wohl schon in den nächsten Tagen wieder in die Ställe sperren. Der Bund will das vorsorgliche Freilaufverbot früher als geplant verhängen, teilte das Bundeslandwirtschaftsministerium mit. Damit soll verhindert werden, dass Zugvögel das aggressive Virus nach Deutschland einschleppen. Wann die Stallpflicht in Kraft treten soll, war zunächst noch nicht klar. Dazu sei eine Eilverordnung nötig, die zwei bis drei Tage dauere, sagte Ministeriumssprecherin Ulrike Hinrichs in Berlin. Die Stallpflicht sollte ursprünglich erst ab dem 1. März gelten. Zudem prüft der Bund auch ein vorübergehendes Verbot für Geflügelmärkte.
Eine Prognose, ob und wann das Virus Deutschland erreicht, will Elke Reinking vom Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit nicht geben: „Die Entwicklung ist ganz schlecht abzuschätzen. Die Wildschwäne, die jetzt auch in Italien und Slowenien infiziert sind, scheinen sehr empfindlich gegenüber dem Virus zu sein. Sie sind so eine Art Frühwarnsystem in Sachen Vogelgrippe.” Gemeinsam mit dem Bundeslandwirtschaftsminister entscheiden die Wissenschaftler über die deutschen Sofortmaßnahmen gegen die Ausbreitung der Vogelgrippe.