Intervention gegen „polnisches KZ“
Berlin/Warschau (n-ost) – Selbst die renommierte „New York Times“ verwendete vor wenigen Tagen den Begriff „polnisches Konzentrationslager“. Dabei bauten deutsche Nationalsozialisten die Symbole des Holocaust. Wegen der falschen Formulierung intervenieren bei Medien in der ganzen Welt regelmäßig die polnischen Botschaften. Auch der Botschafter in Berlin, Andrzej Byrt, ermahnte in „Sorge um die historische Wahrheit“ in dieser Woche deutsche Chefredakteure und verwies auf den jüngsten Fall in der Berliner „tageszeitung“.
Das Blatt überschreib Mitte Januar einen Beitrag mit dem Untertitel: „Sachsens Landtagspräsident Erich Iltgen will die NPD mit einer Reise ins polnische KZ von der Auschwitz-Lüge kurieren“. In Polen wird das sehr aufmerksam verfolgt. Die liberale Warschauer Zeitung „Gazeta Wyborcza“ berichtete ausführlich darüber – auch, dass es dem Dresdner taz-Korrespondenten leid tue. Die Überschrift stamme allerdings von einem Kollegen in der Berliner Redaktion.
Der Begriff „polnisches KZ“ könne „folgenschwer missverstanden“ werden, warnt Botschafter Byrt in seinem Brief an die Chefredakteure der größten deutschen Zeitungen anlässlich des Holocaust-Gedenktages. Es könne der Eindruck erweckt werden, „es wären die Polen gewesen, die in ihrem Land Polen Konzentrationslager gebaut hätten“. Byrt bittet deshalb um „mehr Einfühlvermögen und Sensibilität“.
Die konservative Warschauer Zeitung „Rzeczpospolita“ sammelt sogar Unterschriften gegen den Begriff „polnisches Konzentrationslager“. Chefredakteur Grzegorz Gauden veröffentlichte dazu vor einem Jahr einen Appell an seine internationalen Kollegen, in dem er die helle Empörung der Polen über diese Formulierung ausdrückte. Zwar vermutet er, dass „nicht schlechter Willen“, sondern „Hektik und berufliche Nachlässigkeit“ für die Verwendung des Begriffs verantwortlich sind. Trotzdem sei er „eine Lüge“. Gauden betont: „Es ist höchste Zeit, dass die ausländischen Medien vor allem die Wahrheit schätzen.“ Leider hätten die empörten Briefe polnischer Botschafter und die Kommentare in der polnischen Presse bisher nicht viel bewirkt.
Vor der UN-Vollversammlung protestierte vor einem Jahr auch der polnische Europaabgeordnete und frühere Außenminister Bronislaw Geremek gegen den Begriff „polnische Lager“. Doch selbst im Europaparlament schrieb eine britische Abgeordnete in einem Antrag vom „Todeslager in Polen“, was heftige Reaktionen auslöste. Die Kompromissformel in der Resolution zum 60. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des KZ Auschwitz-Birkenau lautete schließlich „nationalsozialistische Lager“.
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