Das Leid der Straßenhunde
Bukarest (n-ost) Christina Faust ist verzweifelt. Die Leiterin des Tierheims „Christi Bukarest“ kann keine Hunde von der Straße mehr aufnehmen. Die Einrichtung ist für 1000 Hunde ausgelegt, doch bereits 1200 wurden aufgenommen. Mehr ist nun nicht mehr möglich.
Streunende Hunde gehören zum Stadtbild Bukarests. Die Anzahl der Vierbeiner nahm sprunghaft an, als Anfang der achtziger Jahre rund 70.000 Menschen von heute auf morgen umziehen mussten, um dem größenwahnsinnigen Bauvorhaben des Diktators Nicolae Ceausescu nicht im Wege zu stehen. Ein Fünftel der historischen Altstadt Bukarests wurde damals dem Erdboden gleich gemacht. Viele Menschen konnten gerade sich selbst versorgen. Die Tiere blieben im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke, stromern seitdem in den Gassen der rumänischen Hauptstadt herum.
Vielen Bewohnern sind sie ans Herz gewachsen, sie kümmern sich liebevoll um die Hunde. Doch die Stadtverwaltung hat den Straßenkötern den Kampf angesagt. Vor vier Jahren entschied man sich dazu, streunende Hunde einzufangen, in Lager zu bringen und dort zu töten. Kastrationen als Alternative sei angeblich „zu teuer“.
Eigentlich wollte die deutschstämmige Rumänin Christina Faust nur ihren Sohn in Bukarest besuchen. Doch dann erfuhr sie von der Tötungsaktionen der Stadtverwaltung und fing an, Hunde aus den Lagern freizukaufen und andere von der Straße aufzusammeln, zunächst 800 Tiere. „Trotzdem sind mittlerweile rund 200.000 Tiere brutal getötet worden“, erzählt die 65-Jährige.
Auch ihren Hunden drohte das gleiche Schicksal. Als sich Nachbarn immer stärker über das Hundgebell beschwerten, wollte die Stadtverwaltung ihr damals provisorisches Tierheim auflösen und die Hunde in die Tötungslager abschieben. Doch das Deutschen Tierhilfswerk e.V. (DTHW) sprang der Deutschrumänin zur Seite. Im Westen Bukarests, rund 45 Minuten vom Zentrum entfernt, konnte mit der deutschen Hilfe ein neues Tierheim gebaut werden, das im Jahr 2004 öffentlich eingeweiht wurde.
Seitdem kümmert sich Christina Faust mit 15 Mitarbeitern um die Vierbeiner. Zwei Tierärzte versorgen die Tiere medizinisch, impfen und kastrieren bzw. sterilisieren die Hunde. Andere Mitarbeiter halten die 55 Meter langen Hundehäuser und Freigehege sauber, füllen Trinkwasser auf und verteilen Trockenfutter, im Monat allein 14 Tonnen. Jetzt im Winter wird jede Woche Holz angekauft, um daraus Hütten für die Freigehege zu zimmern. Denn noch längst haben nicht alle Tiere Schutz vor der Kälte gefunden. Und längst sind es viel zu viele Tiere. Doch jede Woche kommen neue Hunde hinzu: Ein Ende ist nicht abzusehen.
„Menschen, die die Hunde vor den Tierfängern retten wollen, werfen sie entweder über unsere Schutzmauer oder binden sie einfach am Eingangsgatter fest“, erzählt Christine Faust. Ein Tier abzulehnen würde ihr das Herz brechen. Manchmal kommen Familien, um einen Hund zu adoptieren, doch die Nachfrage ist gering. So werden die Vierbeiner mittlerweile auch in den Verwaltungs- und Versorgungsgebäuden untergebracht. Und neben dem Platzmangel kommen neue Schwierigkeiten hinzu: Die Futterrationen werden knapp, das Personal reicht nicht aus.
So kämpft die deutschstämmige Rumänin mit anderen Tierschutzvereinigungen dafür, dass die Stadtverwaltung mit dem Töten aufhört und stattdessen die Straßenhunde kastriert. Was im Nachbarland Bulgarien schon längst gängige Praxis ist, scheint in Rumänien nicht möglich. „Ich musste mir von einem bulgarischen Kollegen sogar schon Vorwürfe anhören, wie wir mit diesen Methoden überhaupt in die EU kommen wollen“, so die Tierheimleiterin, „als ob wir selbst für das Abschlachten verantwortlich sind“.
Noch gibt es laut Deutschem Tierhilfswerk rund 80.000 Straßenhunde in Bukarest. Wenigstens einige zu retten, ist ein Wettlauf gegen die Uhr.
Weitere Infos:
Deutsches Tierhilfswerk e.V.
Tel. 01805/843744
www.tierhilfswerk.de
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