Usbekistan

„Wir gehen davon aus, Termes weiter nutzen zu können“

Der Afghanistaneinsatz der Bundeswehr steht derzeit auf tönernen Füßen. Grund ist die Situation im benachbarten Usbekistan. Im Februar 2002 nahm die Bundeswehr den Flugplatz im südusbekischen Termes in Betrieb, um von dort aus deutsche Soldaten der International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan zu versorgen. Ein Jahr später übernahm die Bundesrepublik gemeinsam mit den Niederlanden die „Lead-Nation“-Verantwortung für die ISAF-Truppe. Heute sind 2350 deutsche Soldaten zum Friedenssicherungs- und Aufbaueinsatz vor Ort.

Anderen NATO-Mitgliedern, allen voran den USA, hat die usbekische Regierung die Überflug- und Nutzungsgenehmigungen gekündigt. Dies ist eine Reaktion auf wiederholte Sanktionen und Proteste gegen die Menschenrechtssituation im Land des Diktators Islam Karimow. Nur die Bundeswehr blieb bislang unbehelligt. „Bisher ist weder in unserem Hause, im Auswärtigen Amt noch im Kanzleramt eine Aufkündigung von Nutzungs- oder Überflugrechten eingetroffen“, so Ingo Gerhartz, Oberstleutnant im Generalsstand und Sprecher zu Einsätzen der ISAF-Schutztruppe (ISAF) im Bundesministerium der Verteidigung.

Von Bedeutung für die Bundeswehr und ihre Afghanistanmission sind vor allem Personentransporte mit Transall-Maschinen vom südlichen Usbekistan aus nach Kabul und zurück. Der Einsatzradius der Transall beträgt nur etwa 2000 Kilometer. Deswegen können die Propellermaschinen nicht beliebig weit entfernt vom Unruheherd Afghanistan starten. Dafür verfügen die Transall-Maschinen über einen sich selbst aktivierenden Schutzmechanismus gegen Raketenbeschuss. Das haben die Airbus-Maschinen der Bundeswehr, die Afghanistan von weiter weg anfliegen könnten, nicht. „Wegen der bestehenden Gefährdung fliegen wir nicht ohne passiven Selbstschutz nach Kabul. Also nicht mit Airbus-Maschinen“, so Oberstleutnant Gerhartz. Die Bundeswehr steht folglich vor einem Dilemma: Man braucht einen Umschlagsplatz in der Nähe zu Afghanistan, der zugleich rasche medizinische Versorgungsmöglichkeiten garantiert. Bisher war dies Termes.

Diese Woche wird eine Delegation des Auswärtigen Amtes nach Taschkent fliegen. „Dies ist ein Routineablauf, da das Abkommen Nutzungs- und Überflugrechte betreffend turnusgemäß am 31. Dezember ausläuft. Aber wir gehen davon aus Termes weiter nutzen zu können“, so Oberstleutnant Gerhartz.

„Wir suchen trotzdem immer auch pragmatisch nach Alternativen ohne bereits konkrete Verhandlungen zu führen“, so der ISAF-Sprecher weiter. Als Ausweichoptionen kämen alle Staaten und Flugplätze in der Nachbarschaft zu Afghanistan in Frage. „Unsere Airbus-Maschinen und Hubschrauber sind auch schon in Duschanbe, Tadschikistan oder im pakistanischen Islamabad und Peschawar gelandet. Kasachstan liegt wohl zu weit nördlich, aber auszuschließen ist nichts“, so Gerhartz.

Bisher kann sich Deutschland allerdings auf Usbekistan verlassen. Die Regierung in Taschkent ließ über den Pressedienst des Präsidenten vergangene Woche rasch verlauten, dass Deutschland als einziger Staat einen Militärstützpunkt in Usbekistan unterhalten dürfe. Kritiker wie der usbekische Exilant und Oppositionelle Mohammed Solich zeigen sich enttäuscht über den Pragmatismus Deutschlands, der die Menschenrechtssituation in Usbekistan und auch das Massaker von Andischan, bei dem staatstreue Einheiten das Feuer auf Demonstranten eröffneten und bis zu 700 Menschen töteten, zu übergehen scheint. Im Verteidigungsministerium in Berlin spricht man im Zusammenhang mit Usbekistan nicht über Menschenrechte. Deutscher Pragmatismus zeigte sich besonders im August, als vier Tage nach der Kündigung an die amerikanischen Streitkräfte die Bundesrepublik Sanitätsmaterial im Wert von 280.000 Euro an den Verteidigungsminister Usbekistans übergab. Ein „Ausdruck der guten Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Usbekistan auf militärischem Gebiet“, so die Deutsche Botschaft in Taschkent.


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