Ein bahnbrechender Fund
Olsztyn (n-ost). „Aller Wahrscheinlichkeit nach sind die Knochen, die wir gefunden haben, die Überreste von Nikolaus Kopernikus“, verkündete Jerzy Gassowski gestern bei einer anthropologischen Konferenz in Frombork (Frauenburg). Der Professor für Anthropologie und Archäologie an der Humanistischen Hochschule in Pultusk leitet die Suche nach den Gebeinen des berühmten Astronomen seit zwei Jahren.
Am 25. September fand sein Team einen Schädel, der im Gegensatz zu den bisherigen Knochenfunden einem Menschen jenseits der 60 gehören musste. Auch sonst weist er alle Merkmale auf, die auf den Kopf des Astronomen zutreffen. Dies ergaben kriminologische Methoden, mit denen der Fund in Warschau untersucht wurde. Sogar ein Phantombild des Verstorbenen wurde am Computer erstellt. Es sieht den Bildern, auf denen Zeitgenossen den Astronomen in Öl bannten, sehr ähnlich: Das Gesicht ist langgezogen und ein wenig asymmetrisch. Die Nase ist schmal und trägt Spuren eines Nasenbeinbruchs. Die Folge, ein kleiner Nasenhöcker, ist auf den Porträts von Kopernikus genauso zu erkennen wie die Asymmetrie der Gesichtszüge.
Nikolaus Kopernikus, der Begründer des heliozentrischen Weltbildes, wurde 1473 in Torun (Thorn) geboren. Seine Entdeckung, dass die Planeten sich auf Kreisbahnen um die Sonne bewegen und nicht die Erde im Zentrum des Sonnensystems steht, machten ihn zu einem der bedeutendsten europäischen Astronomen. Begraben wurde Kopernikus 1543 im Dom zu Frombork (Frauenburg), im heutigen Nordpolen. Wo genau sich das Grab des berühmten Astronomen in der Kathedrale befindet, war bisher aber unbekannt, obwohl immer wieder danach geforscht wurde.
Die ersten Versuche, die Gruft Kopernikus’ im Fromborker Dom zu finden, liegen schon über 200 Jahre zurück. 1802 grub man das erste Mal nach den Knochen, in den Jahren 1909 und 1939 wurden weitere Grabungen unternommen. Vergeblich, denn die Archäologen suchten an der falschen Stelle. Sie vermuteten die Überreste in der Nähe der Grabtafel des Astronomen, die aber erst 30 Jahre nach Kopernikus’ Tod im Dom angebracht worden war.
Anders gingen die Grabsucher vor, die im vergangenen Jahr auf Initiative des Fromborker Bischofs Jacek Jezierskis gemeinsam mit Gassowski erneut dem Geheimnis von Kopernikus auf die Spur zu kommen versuchten. Ihnen half modernste Technik: Durch Laserstrahlen wurde ein auf zwei Millimeter genaues, dreidimensionales Bild des Domes erstellt, mit Georadar wurde die Lage der Gräber unter dem Domfußboden ermittelt.
Mit dem Schädelfund ist die Grabsuche aber noch nicht beendet. Die Archäologen wollen nun das Grab von Kopernikus` Onkel, Lukas Watzenrode, finden. Anhand eines DNA-Vergleichs könnte dann endgültige Sicherheit darüber erlangt werden, ob die Gebeine wirklich dem Vater des heliozentrischen Weltbildes gehören. Das Problem, das sich den Wissenschaftlern dabei stellt: Es gibt keine Aufzeichnungen darüber, wo der 1512 in Thorn gestorbene Watzenrode bestattet wurde.
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