Usbekistan

EU beschließt Sanktionen gegen Usbekistan

Anfang der Woche beschlossen die Außenminister der 25 EU-Staaten Sanktionen gegen das von dem Diktator Islam Karimow geführte Usbekistan. Die EU wird in Zukunft keine militärischen und nichtmilitärischen Ausrüstungsgegenstände mehr liefern, die zur Unterdrückung von Protesten eingesetzt werden können. Usbekische Beamte, welche für den „unverhältnismäßigen Einsatz“ von Militärs gegen eine Demonstration in Andischan am 13. Mai Verantwortung tragen, erhalten keine Visa für die EU. Damals waren nach Ermittlungen von Menschenrechtlern 750 Menschen ums Leben gekommen.

Nigora Chidojatowa von der Oppositionspartei „Freie Bauern“ in Taschkent begrüßte die EU-Sanktionen gegenüber dieser Zeitung. In einem Telefoninterview erklärte sie, „wir hoffen, dass die USA und die Europäische Union bei ihrer festen Haltung bleiben.“

Das Regime in Taschkent hat nach den Unruhen von Andischan praktisch eine Informationssperre über das Land verhängt. Fast keiner der in Moskau akkreditierten Korrespondenten bekam in den letzten Monaten ein Visum für Usbekistan. Nachdem Taschkent auf die Visa-Gesuche zunächst nicht reagierte, werden die Korrespondenten nun seit Wochen mit Ausflüchten hingehalten.

Die USA haben ihre Finanzhilfe – jährlich 21 Millionen Dollar - für Usbekistan eingestellt. Dem US-Kongress liegt eine Resolution vor, nach welcher der UNO-Sicherheitsrat über Strafmaßnahmen gegen den usbekischen Präsidenten beraten soll.

Außerdem beschlossen die Außenminister die finanzielle Unterstützung für das mittelasiatische Land zu kürzen. Von den für dieses Jahr vorgesehenen acht Millionen Euro für wirtschaftliche und politische Reformen sollen 1,5 Millionen Euro an Nichtregierungsorganisationen umgeleitet werden.


Geschickter Machtpolitiker: Bis 1983 führte Karimow die staatliche usbekische Gasgesellschaft. 1989 wurde er Vorsitzender der Kommunistischen Partei Usbekistans. Seit 1990 ist er Präsident des Landes. 1998 beteiligte sich Karimow an der Moskau-kritischen GUS-Abspaltung dem Staatenbündnis GUUAM. Zu der Allianz gehörten damals Georgien, Usbekistan, die Ukraine, Aserbaidschan und Moldawien. Nach Terroranschlägen auf das World Trade Center im September 2001 genehmigte Taschkent den USA im Süden Usbekistans die Einrichtung einer Nachschubbasis für Afghanistan.

Bisher 15 Angeklagte im Andischan-Prozess: Ende September begann vor dem Obersten Gericht in Taschkent der Prozess gegen 15 Männer, die an den Unruhen in Andischan beteiligt gewesen sein sollen. Sieben Stunden nach Prozessbeginn bekannten sich die 15 Angeklagten bereits schuldig. Der Staatsanwalt hatte den Männer einen Staatsstreich-Versuch, Terrorismus, Mord und Geiselnahme vorgeworfen. Einzelne Zeugen forderten vor Gericht die Todesstrafe für die Angeklagten. Weitere 106 Untersuchungshäftlinge warten in ihren Zellen auf einen Prozess.

Aleksandr Petrow, stellvertretender Leiter des Büros von Human Rights Watch (HRW) in Moskau ist über die „Geständnisse“ nicht überrascht. Die Folter sei in den Gefängnissen Usbekistans „an der Tagesordnung“. Die Geständnisse der Angeklagten, die zum Großteil keine selbstgewählten Verteidiger haben, passten in das offizielle Bild einer Verschwörung für welche die Macht mal „islamistische Terroristen“ mal „Mitarbeiter der US-Botschaft“ verantwortlich macht. Wer für den Tod der hohen Zahl von Demonstranten verantwortlich ist, war bisher nicht Gegenstand der Gerichtsverhandlung und wird nach Einschätzung von Aleksandr Petrow vor Gericht auch nicht zur Sprache kommen.



Mit den Sanktionen reagiert die EU auf die Weigerung Taschkents, eine internationale Untersuchungskommission über die Ereignisse in Andischan einzurichten. Nach der militärischen Niederschlagung der Unruhen, haben sich die Beziehungen zwischen Taschkent und dem Westen abgekühlt. Karimow kündigte den Amerikanern zum Ende des Jahres den Vertrag über die Afghanistan-Nachschubbasis im südusbekischen Karschi-Chanabad.

Der russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow erklärte, die Sanktionen der EU hätten keine Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Russland und Usbekistan. Vor zwei Wochen hatte Iwanow in Taschkent die Durchführung von russisch-usbekischen Militärmanöver vereinbart. Moskau hofft jetzt, die im Zuge des Anti-Terror-Krieges in Mittelasien an die Amerikaner verlorenen Einflussgebiete wieder zurückzugewinnen. Moskau hilft Taschkent auch bei der Fahndung nach angeblichen Hintermännern der Unruhen in Andischan. Im Untersuchungsgefängnis von Iwanow – einem Ort nordwestlich von Moskau – sitzen 14 Personen, unter ihnen usbekische Geschäftsleute, welche die Unruhen finanziert haben sollen.

Wirtschaftliche Folgen haben die Sanktionen für Usbekistan nach Meinung von Daniil Kislow, Chefredakteur der Internetzeitung Fergana.ru nicht. Taschkent habe sich unmittelbar nach den Unruhen in Andischan der Unterstützung Chinas und Russlands versichert. China habe Taschkent eine Finanzhilfe von 800 Millionen Dollar versprochen. Das russische Unternehmen Gasprom will eine Milliarde Dollar in Usbekistan investieren. Seine Waffen bezog Usbekistan in der Vergangenheit aus Russland, China und den USA. Der Anteil an europäischen Investitionen in Usbekistan sei sehr gering, so der Mittelasien-Experte.

Präsident Karimow erhielt die Nachricht von den Sanktionen der EU bei einem Staatsbesuch in Malaysia. Bisher hat sich der usbekische Präsident nicht zu den Strafmaßnahmen geäußert. Karimow führt Usbekistan seit 1989 ohne Unterbrechung. Doch damit könnte bald Schluss sein, meint die Oppositionspolitikerin Chidojatowa. Wenn sich die Macht nicht auf einen Dialog mit der Opposition einlasse, dann könne es in Usbekistan zu spontanen Gewaltausbrüchen kommen. Die Macht habe das freie Unternehmertum abgewürgt, die Menschen lebten in großer Armut. Die Monatslöhne liegen bei 25 Dollar. Karimow habe sich die Opposition mit seiner diktatorischen Politik selbst geschaffen.


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