Polen

Die Rückkehr der Kegelrobbe


(n-ost) Slowinski Nationalpark an der polnischen Ostseeküste: Am weißen, wilden Strand stehen am Ufer zehn große Holzkisten in einer Reihe. Hinter jeder steht ein Mitarbeiter des Instituts für Meereskunde der Universität Gdansk (Danzig). Das ganze Terrain ist mit einem rot-weißen Plastikstreifen eingezäunt. Hinter dem Streifen drängen sich viele Leute. Viele Schüler sind darunter. Mit großer Neugier beobachten sie die Auswilderung von zehn Kegelrobben. Unbeholfen kriechen die ersten Tiere aus den Kisten. Zuerst sind sie verunsichert, als sie mit den kräftigen Wellen der Ostsee in Berührung kommen. Langsam lassen sie sich dann von den Wellen treiben und verschwinden dann im blauen Meer.

Für die Danziger Meeresforscher ist der heutige Tag das Ergebnis wochenlanger Arbeit. Nun bangen sie, dass ihre Schützlinge in der Ostsee überleben. „Häufig sterben sie in den Fischernetzen. Das lässt sich kaum vermeiden“, klagt Katarzyna Wozniak, Leiterin des Slowinski-Nationalparks. Der Nationalpark liegt zwischen den polnischen Orten Leba und Rowy. Mit seinem über 30 Kilometer langen Strand bildet er das längste Schutzgebiet an der polnischen Ostseeküste. „Wir hoffen, dass diese Tiere hier in der ersten für sie schwierigen Phase Ruhe finden werden. Hier haben sie sicherlich eine Chance für ein normales Leben“, meint Wozniak.

Darum hat man die Seehunde aus der Zuchtstation auf der polnischen Halbinsel Hel extra hierher gebracht. Drei Seehunde wurden in dem Zentrum geboren. Die anderen sieben wurden erschöpft und verletzt an polnischen Stränden gefunden. Sie kamen wahrscheinlich in Estland, Schweden oder Finnland zur Welt. Die größte Bedrohung für Kegelrobben sind die Fischernetze. Zwar können Robben sehr gut tauchen, unter dem Wasser halten sie aber nur bis zu 20 Minuten aus.

Zur Überwachung haben die polnischen Forscher die Kegelrobben mit speziellen Satelliten - Sendern ausgestattet. „Die Sender sind absolut nötig. Wir werden unsere Schützlinge im Internet verfolgen. Am meisten wünschen wir uns, dass unsere Kegelrobben die estnischen oder schwedischen Schwestern und Brüder zu uns in die südliche Ostsee locken“, hofft Katarzyna Wozniak. Dann könnte es wieder dauerhaft zu einer ansehnlichen Robbenpopulation in Polen kommen.

Nach Schätzungen der polnischen Spezialisten gibt es momentan in der Ostsee rund 17.000 Kegelrobben. Die meisten davon im hohen Norden. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts wurden auch an der südlichen Ostseeküste rund tausend Tiere gezählt. Doch der polnische Staat zahlte für jedes erlegte Tier den Fischern Prämien, erzählt Iwona Kuplik von der Universität Danzig. „Diese Tiere hat man als Schädlinge bezeichnet. Man hat sie gejagt und getötet, da sie angeblich die Fischbestände reduziert haben“, erzählt die Wissenschaftlerin. Das Fleisch der Kegelrobben gilt als wertlos, aber das Robbenfett fand bei der Herstellung von Medikamenten Verwendung.

Inzwischen hat man erkannt, dass die Robben wichtig sind für das biologische Gleichgewicht in der Ostsee. Das Programm zur Wiederansiedlung an den Küsten Polens startete im Jahre 2002. Wilderei wird in Polen mit Strafen bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet.

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